ESSLE 2000 - erfolgreiches CEPR / IZA-Symposium

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ESSLE 2000
 

Das zweite European Summer Symposium in Labor Economics fand vom 26.-30. September 2000 erneut im Management Center der Deutsche Post World Net im bayerischen Buch am Ammersee statt. Auf Einladung von IZA und CEPR trafen sich die 32 Teilnehmer, darunter führende internationale Experten auf dem Gebiet der Arbeitsökonomie sowie aufstrebende junge Forscher, um in entspannter Atmosphäre aktuelle Forschungsergebnisse zu diskutieren und Kontakte für zukünftige Zusammenarbeit zu knüpfen.

Andrea Ichino (European University Institute, IZA, CEPR) stellte empirische Beweise für richterliche Entscheidungen vor. Die von ihm untersuchten Daten eines großen italienischen Unternehmens ließen darauf schließen, daß die meisten vor Gericht verhandelten Fälle zugunsten der Firma entschieden wurden. Seine Studie hingegen zeigte, daß Richter in der Regel den Angestellten Recht geben und daß Firmen oft den Gang vors Gericht scheuen, weil die Wahrscheinlichkeit einer Prozeßniederlage zu hoch ist. Im zweiten Vortrag zeigte Luigi Pistaferri (Stanford University, CEPR), daß erwartete Lohnprofile keinen Effekt auf die Entwicklung der Arbeitszeiten haben. Unerwartete, permanente Änderungen des Lohnniveaus haben dagegen eine eindeutig positive, wenn auch geringe Auswirkung auf die Arbeitszeiten. IZA-Forschungsdirektor Torben Andersen (Aarhus University, IZA, CEPR) verdeutlichte anhand einer Analyse, daß die Globalisierung sich zwar negativ auf gering bezahlte, jedoch positiv auf hoch bezahlte Arbeitskräfte auswirkt. Francis Kramarz (CREST-INSEE, IZA, CEPR) belegte, daß die Regulierung des Gütermarktes im französischen Einzelhandel negative Beschäftigungseffekte hervorruft. Robert Wright (University of Stirling, IZA, CEPR) wies nach, daß sich Privatschulen und öffentliche Schulen in Großbritannien in bezug auf die erzielte Bildungsrendite nicht unterscheiden. Da private Schulen im allgemeinen besser sind als öffentliche Schulen, läßt sich daraus schließen, daß die Qualität der Ausbildung einen relativ geringen Einfluß auf die Bildungserträge hat.

IZA-Forschungsdirektor Dennis Snower (Birkbeck College, IZA, CEPR) referierte über die positiven Auswirkungen von Fluktuationskosten, wie sie beispielsweise bei Einstellung, Ausbildung und Entlassung von Arbeitskräften entstehen, auf die Verhandlungsmacht von Angestellten gegenüber ihren Arbeitgebern. Gerard Pfann (BIRC/Universität Maastricht, IZA und CEPR) belegte die Lernfähigkeit von Arbeitgebern hinsichtlich der Produktivität und den externen Joboptionen ihrer Mitarbeiter am Beispiel eines großen niederländischen Unternehmens. Rob Euwals (IZA, CEPR) präsentierte eine Methode zur Induktion von Arbeitszeitbegrenzung und lieferte Beweise für die Existenz solcher Restriktionen auf dem niederländischen Arbeitsmarkt.

Ernst Fehr (Universität Zürich, IZA und CEPR) verteidigte den Einsatz von kontrollierten Experimenten in der Wirtschaftswissenschaft als geeignetes Mittel zur Überprüfung von Theorien. Zudem präsentierte er einige Ergebnisse seiner Experimente zur Existenz des sogenannten Homo Reciprocitus. Dieser Begriff bezeichnet einen Menschen, der bereit ist, viel Mühe in die Bestrafung von unkooperativen Menschen zu investieren, ohne dafür in irgendeiner Weise belohnt zu werden. Für die Wirtschaftswissenschaft wäre die Existenz solcher Verhaltensweisen von erheblicher Bedeutung, da sich dadurch viele aus Theorien abgeleitete Vorhersagen ändern könnten. Donatella Gatti (WZB) zeigte, daß ein verstärkter Wettbewerb auf dem Gütermarkt nicht notwendigerweise zu mehr Beschäftigung führt, in jedem Falle aber die Arbeitskräftefluktuation erhöht. Fabrizio Zilibotti (Stockholm University, CEPR) erläuterte, daß durch das Mehrheitsprinzip der Wohlfahrtsstaat sein eigenes Überleben garantiert. Pietro Garibaldi (Bocconi University, CEPR) wies darauf hin, daß die Unterscheidung zwischen Arbeitslosigkeit und Nichtbeteiligung am Erwerbsprozeß wichtig sei: Sie verdeutliche Lohnunterschiede zwischen Individuen, die nach dem Arbeitsplatzverlust als arbeitslos gelten, und solchen, die aus dem Erwerbsprozeß ausscheiden.

Richard Blundell (UCL, IFS, IZA) befaßte sich in seinem Vortrag mit den Auswirkungen von Arbeitnehmerzuschüssen für gering bezahlte Arbeitskräfte und einigen Methoden zur Bewertung dieser Auswirkungen. Anschließend stellte er ein Modell für Arbeitsangebotsverhalten und Arbeitszeiten vor. Anhand dieses Modells sagte er voraus, daß die gegenwärtig geleisteten Arbeitnehmerzuschüsse nur geringe Auswirkungen haben würden. Barbara Petrongolo (Universität Madrid, CEPR) gab einen Überblick über die Literatur zum Prinzip des "Matchings" von Arbeitslosen und freien Stellen. Sie kam zu dem Schluß, daß die derzeit angewandten theoretischen Instrumente präzise seien. Simon Burgess (Bristol University, IZA, CEPR) kritisierte die weit verbreitete Annahme, daß die Arbeitslosenquoten in erster Linie durch den Abfluß von Arbeitskräften bestimmt würden. Sie erläuterte anhand einer empirischen Studie, daß vielmehr der Zufluß eine wichtigere Rolle spiele. Jörn-Steffen Pischke (London School of Economics, IZA, CEPR) zeigte, daß sich öffentliche und private Schulen in Großbritannien im Hinblick auf die erzielte Bildungsrendite kaum unterscheiden. Da Privatschulen im allgemeinen besser sind als öffentliche, lasse sich daraus schließen, daß die Qualität der Schulbildung nur geringe Auswirkungen auf die erzielten Bildungserträge habe.

Viele Unternehmen stellen Patrick Francois (Tilburg University) zufolge Frauen zu niedrigeren Löhnen ein. Erleichtert werde dies durch die nach wie vor vorherrschende Aufgabenteilung im Haushalt und den Umstand, daß die meisten Vollzeitjobs von Männern ausgefüllt werden. Ein entsprechendes theoretisches Modells konnte Francois anhand amerikanischer Daten absichern. Josef Zweimüller (Universität Zürich, IZA, CEPR) zeigte am Beispiel Österreichs, daß eine verlängerte Arbeitslosenunterstützung sich stark auf die Wahrscheinlichkeit der Wiederbeschäftigung auswirkt. In der Analyse dieser Auswirkungen berücksichtigte er die Tatsache, daß die Verlängerung der Arbeitslosenunterstützung eingeführt wurde, da die Arbeitsmarktaussichten bestimmter Personengruppen gesunken waren. Per-Anders Edin (Universität Uppsala, CEPR) analysierte die Arbeitsmarktaussichten von Flüchtlingen in Schweden im Zeichen politischer Schritte der schwedischen Regierung Ende der achtziger Jahre, die zu einer gleichmäßigeren Verteilung von Immigranten im Land führen sollten. Die begrenzte Wirkung dieser Politik erkläre sich daraus, daß es sich unter ökonomischen und sozialen Aspekten für Immigranten "lohne", in einer Enklave zu leben. Melanie Ward (IZA) diskutierte die Probleme von Krankenschwestern auf dem britischen Arbeitsmarkt und untersuchte deren Jobzufriedenheit und eventuelle Absichten, den Job aufzugeben. Alison Booth (University of Essex, IZA, CEPR) erörterte die Unterschiede zwischen Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten in bezug auf Ausbildungsinvestitionen und Löhne. Ihren Untersuchungen zufolge führt der beobachtete Einkommensunterschied zwischen Männern und Frauen in Vollzeitbeschäftigung zu einer Unterschätzung der tatsächlichen Einkommensschere zwischen Männern und Frauen.

Eine Reihe weiterer Vorträge und Diskussionen rundete die zweite ESSLE-Konferenz ab. Die Veranstaltung erwies sich erneut als ideales Forum für Arbeitsökonomen, deren Fachbereich bei größeren wirtschaftswissenschaftlichen Konferenzen nicht selten zu kurz kommt. ESSLE 2001 wird vom 24.-28. April 2001 wieder in Buch am Ammersee stattfinden.

   

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