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Arbeitszeit-Experte Werner Eichhorst
vom Institut zur Zukunft der Arbeit sieht
in den Forderungen die Lebens- und Arbeitswirklichkeit
der Arbeitnehmerschaft.
Mit dem demografischen Wandel sieht er
immer mehr unterschiedliche Arbeitszeitmodelle
aufkommen, sagt er im Interview
mit Thoralf Cleven.
Herr Eichhorst, die IG Metall fordert nicht
nur mehr Geld, sondern auch die befristete
28-Stunden-Woche mit teilweisem Entgeltausgleich.
Was halten Sie davon?
Bemerkenswert ist, dass die IG Metall mit
Themen wie Rückkehrrecht in Vollzeit und
Lohnausgleich nach vorn prescht. Die müssen
ja eher politisch gelöst werden. Im
Grunde können alle Beschäftigten von Situationen
wie Pflegebedarf von Angehörigen
oder Betreuungsbedarf von Kindern betroffen
sein. Wenn das allein auf Ebene der
Tarifverträge gelöst würde, müssten andere
in die Röhre schauen.
Sind die Forderungen zeitgemäß?
Darin spiegelt sich die Lebens- und Arbeitswirklichkeit
der Arbeitnehmerschaft. Für
die Betriebe ist dies aber nicht unproblematisch.
Arbeit intern für eine befristete Zeit
anders zu organisieren, wird in großen Unternehmer
besser zu lösen sein als in kleinen
Firmen.
Ist die Vollzeitarbeit ein Auslaufmodell?
Nein, aber es wird immer mehr unterschiedliche
Arbeitszeitmodelle geben, die die klassische
Vollzeitarbeit ablösen oder zumindest
abwandeln. Das hängt mit dem demografischen
Wandel zusammen. Wir haben einen
Mangel an Fachkräften, die dadurch
heute mehr Macht gegenüber Arbeitgebern
besitzen. Bislang nahmen die Möglichkeiten
zur Individualisierung der Arbeitszeit
eher Höherqualifizierte und gut Verdienende
in Anspruch. Inzwischen steigt der
Frauenanteil bei den Beschäftigten, sodass
Familien, in denen beide Eltern verdienen,
daran denken, seine oder ihre Arbeitszeit zu
flexibilisieren.
Wird die Forderung der IG Metall Signalwirkung
für andere Branchen haben?
Ich gehe davon aus. Das wird nun richtig
Fahrt aufnehmen.
Haben auch Geringverdiener etwas von den
Forderungen der IG Metall?
Für Geringqualifizierte oder Geringverdiener
wird sich dadurch nichts verändern. Sie
haben vielleicht die gleichen Nöte wie Facharbeiter,
besitzen aber weniger Möglichkeiten
zu verzichten. Logisch, dass hier der
Hang zu individuellen Lösungen nicht sehr
ausgeprägt ist.
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