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Noch erschreckender ist die Situation der
Langzeitarbeitslosen. Das geht aus einer
Analyse des Forschungsinstituts zur Zukunft
der Arbeit (IZA) zum spanischen Arbeitsmarkt
hervor. Die Forschergruppe um
den Ökonomen Samuel Bentolila hat beobachtet,
dass selbst die hohen Wachstumsraten
der vergangenen drei Jahre den
großen Anteil der Langzeitarbeitslosen
nicht merklich verringert hätten. Auf dem
Höhepunkt der Krise hätten zwei Drittel der
Arbeitslosen schon mehr als ein Jahr vergeblich
nach einer neuen Stelle gesucht. Dieser
Anteil sei bis heute nur unwesentlich gesunken:
Immer noch gehörten 57 Prozent
der Arbeitslosen in Spanien zu der Gruppe
der Langzeitarbeitslosen. 42 Prozent warteten
schon mehr als zwei Jahre auf ein neues
Beschäftigungsverhältnis.
Die Forscher stellten deshalb die These
auf, dass ein Teil davon vielleicht gar nicht
mehr "anstellbar" sei. Um herauszufinden,
woran das liegen könnte, analysierten sie
zunächst, welche Faktoren die Dauer der
Arbeitslosigkeit in Spanien besonders negativ
beeinflussten. Die größten Hemmnisse
überraschen nicht: Wer wenig Arbeitserfahrung
oder ein Bezugsrecht auf Arbeitslosengeld
hatte, fand nach dem Eintritt in die Arbeitslosigkeit
wesentlich schwerer eine
neue Beschäftigung. Auch ein höheres Alter
wirkte sich negativ auf die Wiedereinstiegschancen
aus. Weniger entscheidend
war hingegen das Bildungsniveau der Arbeitssuchenden.
Keinen Einfluss auf die Dauer
der Arbeitslosigkeit hatten den Forschern
zufolge zudem die Gehaltsvorstellungen
der Arbeitslosen. So sei der Schwellenlohn
- also der Lohn, zu dem die Langzeitarbeitslosen
eigenen Angaben zufolge im
Schnitt bereit sind, wieder eine Arbeit aufzunehmen
- zuletzt stark gesunken. Auch
der durchschnittliche Lohn, den die Arbeitssuchenden
bei ihrem Wiedereinstieg ins
Berufsleben im Schnitt erhalten, sei deutlich
niedriger als vor den beiden Wirtschaftskrisen.
Die Möglichkeit, über Lohnanpassungen
den spanischen Arbeitsmarkt
anzukurbeln, halten die Forscher daher für
ausgereizt. Deshalb müsste die Politik die
Langzeitarbeitslosigkeit gezielt bekämpfen.
"Die wirtschaftlichen Risiken der Langzeitarbeitslosigkeit
sind beträchtlich", schreiben
die Autoren. Je länger eine erwerbsfähige
Person aus dem Berufsleben ausscheidet,
desto schwieriger sei es für sie, wieder
in den Arbeitsmarkt einzusteigen - das belegten
zahlreiche Studien. Mit der Dauer
der Arbeitslosigkeit sinke die Motivation,
neue Arbeit zu suchen, aber auch die Bereitschaft
der Arbeitgeber, die jeweilige Person
einzustellen. Je länger ein substantieller
Teil einer Gesellschaft jedoch von der allgemeinen
wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung
eines Landes abgekoppelt ist, desto
größer werde die Gefahr einer sozialen
Spaltung.
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