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Was jetzt allerdings aufhorchen lässt und
Kritiker auf den Plan ruft, sind Schulz' Attacken
auf die Hartz-Reformen. Zur Erinnerung:
Unter erheblichem wirtschaftlichen
und politischen Druck hatte SPD-Kanzler
Schröder diese Gesetzespakete Anfang des
Jahrtausends durchgesetzt. Ein Kernziel bestand
darin, den Druck auf Arbeitslose zu
erhöhen, schneller wieder zu arbeiten. Das
an den früheren Lohn gekoppelte Arbeitslosengeld
I wird seitdem nur noch für ein
Jahr an jüngere und für eineinhalb Jahre an
ältere Menschen gezahlt. Danach gibt es
nur noch das Hartz IV genannte Existenzminimum.
Zuvor war das Arbeitslosengeld bis
zu 32 Monate geflossen. Zudem erleichterte
es die rot-grüne Koalition Unternehmen,
Menschen nur vorübergehend als Zeitarbeiter
zu beschäftigen. Für die SPD wurden die
Reformen wegen der sozialen Einschnitte
zur Zerreißprobe - für Deutschland nach Ansicht
vieler Experten zum Glücksfall. "Sie
sind ein großer Teil der Erfolgsstory", sagt
Hilmar Schneider, der Leiter des Bonner
Instituts der Zukunft der Arbeit (IZA),
mit Blick auf den einst "kranken Mann" Europas.
Schulz will das Rad nun zurückdrehen: Gewinnt
er die Wahl, soll das Arbeitslosengeld wieder länger gezahlt werden. Wie lange genau, hat der frühere Europapolitiker
noch nicht verraten. Auch die Leiharbeit
will Schulz wieder zurückdrängen. Nur
wenn der Betriebsrat zustimmt, sollen Unternehmen
Fremdpersonal einstellen dürfen.
Was das für Folgen hätte? Arbeitsmarktexperte
Schneider befürchtet einen Rückfall
in längst überwunden geglaubte Zeiten:
"Wenn das so kommt, würde die Arbeitslosigkeit
mit Sicherheit wieder steigen." Vor
allem Ältere hätten wieder den Anreiz, früher
"auf Kosten der Allgemeinheit" in Ruhestand
zu gehen. Und die vielen deutschen
Unternehmen, die von Großaufträgen aus
dem Ausland abhängig sind, bekämen Probleme,
in Spitzenzeiten kurzfristig genügend
Zeitarbeiter zu finden. "Firmen brauchen
Flexibilitätspuffer", sagt der Ökonom.
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