Agenda 2017

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24. Februar 2017, Frankfurter Allgemeine Woche

(Mit Stellungnahme von Hilmar Schneider)
 

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Was jetzt allerdings aufhorchen lässt und Kritiker auf den Plan ruft, sind Schulz' Attacken auf die Hartz-Reformen. Zur Erinnerung: Unter erheblichem wirtschaftlichen und politischen Druck hatte SPD-Kanzler Schröder diese Gesetzespakete Anfang des Jahrtausends durchgesetzt. Ein Kernziel bestand darin, den Druck auf Arbeitslose zu erhöhen, schneller wieder zu arbeiten. Das an den früheren Lohn gekoppelte Arbeitslosengeld I wird seitdem nur noch für ein Jahr an jüngere und für eineinhalb Jahre an ältere Menschen gezahlt. Danach gibt es nur noch das Hartz IV genannte Existenzminimum. Zuvor war das Arbeitslosengeld bis zu 32 Monate geflossen. Zudem erleichterte es die rot-grüne Koalition Unternehmen, Menschen nur vorübergehend als Zeitarbeiter zu beschäftigen. Für die SPD wurden die Reformen wegen der sozialen Einschnitte zur Zerreißprobe - für Deutschland nach Ansicht vieler Experten zum Glücksfall. "Sie sind ein großer Teil der Erfolgsstory", sagt Hilmar Schneider, der Leiter des Bonner Instituts der Zukunft der Arbeit (IZA), mit Blick auf den einst "kranken Mann" Europas.

Schulz will das Rad nun zurückdrehen: Gewinnt er die Wahl, soll das Arbeitslosengeld wieder länger gezahlt werden. Wie lange genau, hat der frühere Europapolitiker noch nicht verraten. Auch die Leiharbeit will Schulz wieder zurückdrängen. Nur wenn der Betriebsrat zustimmt, sollen Unternehmen Fremdpersonal einstellen dürfen. Was das für Folgen hätte? Arbeitsmarktexperte Schneider befürchtet einen Rückfall in längst überwunden geglaubte Zeiten: "Wenn das so kommt, würde die Arbeitslosigkeit mit Sicherheit wieder steigen." Vor allem Ältere hätten wieder den Anreiz, früher "auf Kosten der Allgemeinheit" in Ruhestand zu gehen. Und die vielen deutschen Unternehmen, die von Großaufträgen aus dem Ausland abhängig sind, bekämen Probleme, in Spitzenzeiten kurzfristig genügend Zeitarbeiter zu finden. "Firmen brauchen Flexibilitätspuffer", sagt der Ökonom.

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Nachdruck mit freundlicher Genehmigung.

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