Namen sind Schall und Rauch,
sagt ein Sprichwort. Dem widerspricht allerdings
eine aktuelle Studie, nach der eine
Sandra Bauer bei einer Bewerbung bessere
Chancen auf einen Job hat als eine Meryem
Öztürk. Erschienen sind diese Forschungsergebnisse
einer Ökonomin von der österreichischen
Universität Linz am Dienstag
beim Institut zur Zukunft der Arbeit
(IZA). Kurz gefasst besagen sie, dass ein
türkischer Name oder gar ein Foto mit Kopftuch
in den Bewerbungsunterlagen bei Arbeitgebern
auf negative Resonanz stoßen.
Bilgin Heydt, Geschäftsführerin der Einrichtung
Neue Burg in Verden, hieß nicht
immer so. Bevor sie ihren deutschen Mann
heiratete, trug sie einen türkischen Nachnamen.
Heute hilft sie beruflich Menschen,
die aufgrund ihrer psychischen Erkrankung
Hilfe benötigen, wieder eigenständig zu leben
und zu arbeiten. "Aus der Perspektive
eines Arbeitgebers kann ich sagen, dass ich
mich über Bewerberinnen mit unterschiedlichem
kulturellen Hintergrund freue", sagt
sie. Es tue ihren Klienten gut, denn auch
sie kämen teilweise aus anderen Ländern.
"Dass ich aus einer anderen Kultur komme,
habe ich nie als Defizit oder als Problem erlebt,
sondern vielmehr als eine sehr große
Hilfe. Es hat mich immer unterstützt, dass
ich einen Blick über meinen eigenen Tellerrand
werfen konnte", sagt sie. In der jetzt
veröffentlichten Studie bekam die fiktive
Bewerberin Sandra Bauer bei gleicher Qualifikation
in 18,8 Prozent der Fälle eine positive
Rückmeldung, Meryem Öztürk nur in
13,5 Prozent. Trug die türkisch stämmige
Bewerberin auf dem Bewerbungsfoto ein
Kopftuch, waren nur 4,2 Prozent der Rückmeldungen
positiv. Als Bilgin Heydt nach
ihrer Ausbildung zur Krankenschwester
und Studium in der Türkei Anfang der
1990er- Jahre nach Deutschland kam,
machte auch sie negative Erfahrungen bei
einem Bewerbungsgespräch im Krankenhaus.
"Ich wurde gefragt, wo ich mein Kopftuch
gelassen hätte und ob ich arbeiten
dürfe. Ich hatte das Gefühl, dass das Gespräch
sehr unhöflich und unfreundlich verlief.
Es war vielleicht menschlich, dass ich
danach sehr traurig war. Aber ich bin mir
jetzt nicht mehr so sicher wie damals, ob
die Person es auch so gemeint hat, wie ich
es empfunden hatte. Schließlich hatte ich alles,
Freunde, Familie, einfach alles eben, in
Istanbul gelassen", erinnert sie sich. Der
Verdener Gastronom Hüseyin Tavan hat inzwischen
ebenfalls die Seiten gewechselt.
Der Unternehmer muss sich heute nicht
mehr auf Stellen bewerben, erinnert sich
aber gut an diese Zeit in seinem Leben, in
der auch er Diskriminierung erlebt hat. "Es
ist definitiv so, dass es jemand mit ausländisch
klingendem Namen schwerer hat",
meint er. Diese Erfahrung habe er früher gemacht:
"Ich musste meinen Namen durch
mehr Leistung kompensieren". Als Arbeitgeber
sieht er die Sache nun differenzierter.
Vor allem im Restaurant-Bereich würde er
eine Frau mit Kopftuch nicht einsetzen, im
"hinteren Bereich", also der Küche, sei das
kein Problem. Eine Kellnerin mit Kopftuch
allerdings schrecke viele Gäste ab. Keks-
Freitag-Chefin Anita Freitag-Meyer kann
verstehen, dass Unternehmer bei direktem
Kundenkontakt Bedenken haben, eine Kopftuchträgerin
zu beschäftigen. Für ihre Firma
könne sie aber definitiv sagen, dass es
keine Vorbehalte gegen potenzielle Mitarbeiter
mit Migrationshintergrund gebe.
"Wir haben hier gelebtes Multi-Kulti", sagt
die Geschäftsführerin. Und in der Produktion
tragen ohnehin alle eine Haube, da
mache es auch keinen Unterschied, ob
Frauen privat ein Kopftuch aufsetzten.
"Wir haben beste Erfahrungen mit ausländischen
Mitarbeitern gemacht, schon als ich
noch Kind war, hatten wir viele Gastarbeiter",
betont Freitag-Meyer. Jürgen Esselmann,
Geschäftsführer vom Unternehmensverband
Rotenburg-Verden, habe bezüglich
des Themas keine Rückmeldung aus den Betrieben.
"Angesichts des herrschenden
Fachkräftemangels kann ich mir aber nicht
vorstellen, dass Bewerber wegen ihres
Namens abgewiesen werden", meint er.
Wenn die Qualität gegeben sei, sollte das
kein Problem sein. Die gebürtige Türkin Bilgin
Heydt ist längst ganz in Deutschland angekommen
und erlebt vor allem Positives:
"Ich habe dunkle Haare und man sieht mir
an, dass ich nicht ursprünglich aus Deutschland
komme. Trotzdem ist Deutschland
meine Heimat und die Heimat meiner Kinder.
Es ist für mich ein Gewinn, dass ich mit
meiner Familie in so einer wunderschönen
Multikulti-Gesellschaft leben darf", sagt
sie. "Ich musste meinen Namen durch Leistung
kompensieren".
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