Die Einschaltquoten von Quizshows sind beeindruckend.
Deutschland scheint ein Volk der
Ratefüchse zu sein. Eine Million Euro lässt sich
durch richtige Antworten auf Quizfragen verdienen,
sogar der Titel des klügsten Deutschen ist
erwerbbar. Wieso nützen wir diese Quiz-Begeisterung
nicht fürs lebenslange Lernen?
Die Ausgangssituation ist günstig: Deutschlands
Jugendliche und Erwachsene sind überdurchschnittlich
kompetent, wie die im letzten
Jahr von der OECD vorgelegten internationalen
Kompetenzvergleiche für Jugendliche (PISA)
und Erwachsene (PIAAC) belegen. Die OECDKompetenzvergleiche
beziehen sich jedoch fast
ausschließlich auf leicht messbare Hard Skills
im Bereich Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften.
Mit Blick auf den Arbeitsmarkt ist es
unstrittig, dass diese Kompetenzen für den beruflichen
Erfolg von Menschen eine notwendige
Bedingung darstellen. Doch neuere Erkenntnisse
der Arbeitsmarktökonomik und Psychologie belegen,
dass kognitive Fähigkeiten keine hinreichende
Bedingung für den Arbeitsmarkterfolg
sind.
IQ-Tests, Ausbildungsabschlüsse und kognitive
Kompetenztests greifen zu kurz, um Erfolge am
Arbeitsmarkt vorherzusagen: Kognitive Kompetenztests
können nach Schätzungen lediglich 15
Prozent des künftigen beruflichen Erfolgs erklären.
Stattdessen sind nicht kognitive Kompetenzen
wie Durchhaltevermögen und Motivation
entscheidend für den Erfolg am Arbeitsmarkt.
Dabei gibt es viele gute Nachrichten: Wir wissen,
dass Hard Skills und Soft Skills bis ins hohe
Alter veränderbar sind, und es stehen neue Technologien
zur Verfügung, die zeit- und ortsungebundenes
Lernen mit Spaß ermöglichen. Damit
eröffnen sich ungeahnte Möglichkeiten für die
Weiterbildung. Dazu ist jedoch eine Verknüpfung
mit Berufsabschlüssen unabdingbar.
Der demografische Wandel in Deutschland ist
unumkehrbar. Wohlstand hierzulande kann nur
gesichert werden, wenn heute die richtigen Weichen
gestellt werden. Damit das Bruttoinlandsprodukt
pro Kopf - der zentrale Wohlstandsindikator
- in einer alternden Gesellschaft nicht
sinkt, gilt es, alle verfügbaren personellen Ressourcen
in Deutschland zu aktivieren.
Die Beschäftigungsquoten und -dauern sowie
das Arbeitsvolumen können jedoch nur dann gesteigert
werden, wenn angesichts der Dynamik
und des Innovationstempos lebenslanges Lernen
integrierter Teil einer vorausschauenden Arbeitsmarktpolitik
wird. Dies gilt für Junge wie Alte
gleichermaßen und betrifft letztlich alle Gruppen,
die an unserem Beschäftigungssystem teilnehmen
sollen und wollen.
Innovative Onlineportale für Lesekompetenz,
Mathematik und Naturwissenschaften in Kombination
mit Credit-Points für Weiterbildungsaktivitäten
könnten den Erwerb von Hard und Soft
Skills sichtbar machen. Die Vision: Im Rahmen
der Demografiestrategie der Bundesregierung
werden Onlineportale für Jung und Alt aufgebaut
- Kompetenzen könnten weitgehend durch
Quizfragen überprüft werden. Entscheidend ist
jedoch, dass richtige Antworten im Bereich Lesen,
Mathematik und Naturwissenschaften automatisch
zum Erwerb von Credit-Points und damit
zu Berufsabschlüssen führen.
Der Autor ist Direktor Arbeitsmarktpolitik
Deutschland beim Institut zur Zukunft der Arbeit
(IZA) in Bonn: gastautor@handelsblatt.com
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