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BONN. Seit mehr als 50 Jahren ist eine transatlantische
Handelsvereinbarung zwischen den
USA und Europa trotz vieler Anläufe ein unerfüllter
Traum geblieben. Derzeit stehen die
Chancen aber besser denn je: Die europäische
Kommission befindet sich in Verhandlungen mit
der amerikanischen Regierung über ein Freihandelsabkommen.
Die ökonomischen Eckdaten
sind gigantisch.
Gestern Abend sprachen im Rahmen des "Tower Talks" des Bonner Instituts zur Zukunft der Arbeit (IZA), der vom General-Anzeiger mitveranstaltet und von Redakteur Kai Pfundt moderiert wurde, drei namhafte Experten über das
Thema: Friedrich Merz, ehemaliger CDU-Bundestagsabgeordneter
und profunder Kenner der transatlantischen Politik, diskutierte nach seinem Vortrag mit Hubertus Hille, dem Hauptgeschäftsführer der IHK Bonn/Rhein-Sieg, und Klaus F.
Zimmermann, Wirtschaftswissenschaftler und Direktor des IZA.
Merz nannte gleich zu Beginn das zentrale Thema des Abends und des geplanten Abkommens: Dies sei nämlich keineswegs der Wegfall von Zollbeschränkungen, auch wenn das beiden Seiten enorme Vorteile brächte. Viel mehr ginge es aber um die Anpassung von Normen. Es müsse Einigkeit über Produkteigenschaften, Prüfverfahren und Zertifizierungen geben.
"Wenn die USA und Europa imstande wären, technische Standards zu entwickeln, wäre die Chance aufgrund des gemeinsamen Marktes groß, diese weltweit, vor allem gegenüber China, auch durchzusetzen." Als Beispiel nannte er die Form des Stromkabels, mit dem Elektroautos
betankt werden.
IHK-Chef Hille schlug in die gleiche Kerbe:
"Drei Viertel aller Unternehmen in der Region
halten den Abbau von Normen und Zertifizierungen
für sinnvoll."
Alle drei Diskutanten warnten vor Panikmache
mit Schlagworten wie "Chlorhähnchen" oder
"gentechnisch veränderte Produkte" mit Blick
auf das des Abkommens. IZA-Direktor Zimmermann
sagte aber gleichwohl: "Die Kritik muss
man ernst nehmen, viele der Befürchtungen sind
real. Nur welche Alternativen haben wir zu dem
Abkommen? Vor dem Hintergrund der globalen
Herausforderungen sehe ich keine." Man dürfe
bei diesem Thema jedoch keinesfalls so tun, "als
seien die Amerikaner die Bösen und wir in Europa
die Guten", sagte Hille.
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