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In Deutschland ist die Zahl der Ausländer im
vergangenen Jahr von 6,9 auf mehr als 7,2 Millionen
Menschen gestiegen, obwohl gleichzeitig
knapp 113 000 eingebürgerte Zuwanderer aus
dieser Statistik verschwanden. 2013 ging diese
Entwicklung weiter. Spanier, Griechen, Portugiesen
und Italiener strömen aus ihren krisengeschüttelten
Heimatländern - es sind überwiegend
genau die Zuwanderer, nach denen sich die Wirtschaft
in Deutschland sehnt: gut ausgebildete,
ehrgeizige junge Leute ohne allzu große kulturelle
Distanz zur neuen Umgebung. Also alles auf
gutem Wege?
Fachleute warnen vor zu viel Selbstzufriedenheit.
"Es ist nur eine Minderheit der hoch qualifizierten
Migranten, die den Weg zu uns findet",
klagt Klaus Zimmermann, Direktor des Instituts
für die Zukunft der Arbeit (IZA) in Bonn.
Mit einer großen Gruppe von Mitarbeitern aus
vielen Herkunftsländern hat der Arbeitsmarktforscher
jetzt ein voluminöses Handbuch zur Migrationsökonomie
herausgegeben. Was an seinem
Institut problemlos funktioniert - die Anwerbung
und Anbindung von produktiven Zuwanderern
aus Griechenland und den USA, aus Israel und
Indien - , fällt vielen deutschen Unternehmen
noch schwer. Wie Zimmermann bei Vorträgen
rund um den Globus erfahren hat, denken viele
fähige Leute in der weiten Welt bei ihrer persönlichen
Karriereplanung erst einmal überhaupt
nicht an Deutschland. "Man braucht ein Signal,
dass Deutschland offen ist für Zuwanderung" -
um die gleichsam natürlichen Hindernisse zu
überwinden: die Sprachbarriere, kulturelle Vorbehalte,
Ängste gegenüber einem Land, das nur
langsam den Ruf der Ausländerfeindlichkeit loswird.
/// KEIN SICHTBARER MISSBRAUCH //
In Sachen Zuwanderung in die Sozialsysteme geben
die IZA-Forscher Entwarnung. In Europa
haben Irland, Großbritannien und Schweden seit
2004 Erfahrungen mit dem ungeregelten Zustrom
von Osteuropäern aus den neuen EU-Mitgliedsländern
gemacht. In Deutschland galten
bis vor Kurzem noch Einschränkungen. Bei allen
Unterschieden der Sozialsysteme gab es bisher
keinen sichtbaren Missbrauch im großen
Stil, schreiben die IZA-Autoren Corrado Giulietti
und Jackline Wahba: Die meisten Leute "kamen,
um zu arbeiten, und nicht, um Leistungen
zu beanspruchen". Und ihr Kollege Martin Kahanec,
neben seiner IZA-Tätigkeit Professor an
der Central European University in Budapest,
weist drauf hin, dass die erhöhte Migration in
Europa nicht nur ein Ergebnis der aktuellen Krise
ist, sondern auch ein Gegenmittel: Die Migration
sorge für eine bessere Verteilung von Arbeitskräften
auf die Arbeitsplätze innerhalb Europas
und so für "ein höheres Innovationspotenzial,
bessere Nutzung von Ressourcen und damit
für höhere Produktivität". Europa insgesamt verliert
seinen klassischen Standortnachteil gegenüber
den USA, wo hohe Mobilität der Arbeitskräfte
selbstverständlich ist.
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Volltext auch online erschienen unter dem Titel:
Flüchtlingsdebatte: Deutschland braucht Zuwanderer
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