Nach dem US-Marktforschungsinstitut Magid glauben nur 23 Prozent der
Amerikaner, dass die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen ihres Landes
zu Deutschland intakt sind. Das Verhältnis zum europäischen Kontinent insgesamt
dürfte kaum besser sein. Nicht wenige sorgen sich, die protektionistischen Strömungen
in Amerika könnten wieder stärker werden.
Dies alles ist einigermaßen erstaunlich, denn die bilateralen wirtschaftlichen Beziehungen
zwischen Europa und Amerika haben immerhin ein Volumen von 57 Prozent
des globalen Bruttoinlandsprodukts. Die beiden Regionen unterhalten die weltweit
umfangreichsten Handels- und Investitionsbeziehungen mit jährlich mehr als 500
Milliarden US-Dollar. Rund sieben Millionen Beschäftigte sind in den USA heute bei
europäischen Firmen beschäftigt und etwa sechs Millionen Europäer verdanken ihren
Arbeitsplatz einem US-Investor.
Es gibt also viele Gründe, gerade jetzt die Idee einer engeren Wirtschaftspartnerschaft
zwischen den beiden Kontinenten ganz oben auf die politische Agenda zu setzen.
Spätestens nach dem Schock der globalen Finanzkrise, angesichts der drängenden
Energie- und Klimafragen und der Herausforderungen der Internationalisierungen der
Arbeitsmärkte besteht jetzt sogar die Pflicht, diese Aufgabe ernsthaft anzugehen. Denn
nur gemeinsam können wir die Potentiale für Wachstum und neue Jobs ausschöpfen.
Die Schwierigkeiten liegen vor allem auf dem Gebiet der nichttariffären Hemmnisse.
Nicht die – vergleichsweise niedrigen – Zölle sind das Hauptproblem, sondern die vielen
unterschiedlichen Normen und Standards, die den bilateralen Austausch einengen und
zu hohen regulierungsbedingten Zusatzkosten für Hersteller wie Verbraucher führen.
Wichtig ist es, dass jetzt die politischen Führungen diesseits und jenseits des Atlantik
das Projekt einer transatlantischen Wirtschaftspartnerschaft zu ihrer Sache machen,
um der Idee neue Schubkraft zu geben. Für die neue Europäische Kommission in Brüssel
sollte dies eines der wichtigsten Zukunftsprojekte werden. Ein offener, gemeinsamer
Arbeitsmarkt für Hochqualifizierte könnte der Anfang sein.
Eine solche Initiative richtet sich nicht gegen andere. Sie ist schon gar keine Alternative
zu den weltweiten WTO-Gesprächen zum Abbau von globalen Handelshemmnissen in
der Doha-Runde. So verstanden könnte eine engere amerikanisch-europäische Wirtschaftspartnerschaft
zum Motor für eine neue Dynamik der gesamten internationalen
Wirtschaft werden, ja vielleicht sogar zum Ausgangspunkt für eine neue Weltwirtschaftsordnung.
Bekanntlich braucht jedes Thema seine Zeit. Dieser richtige Zeitpunkt
könnte jetzt gekommen sein.
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