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Klaus F. Zimmermann - Biographical Texts
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Der Medienstar mit Forscherdrang (Handelsblatt, 1. Juni 2005, von Olaf Storbeck)
Hauptberuflicher Volkswirt werden? Nein, das konnte sich Klaus F. Zimmermann mit Anfang 20 nicht vorstellen. "Ich war fest entschlossen, Politiker zu werden, und habe gedacht, ein Wirtschaftsstudium ist das beste Rüstzeug dafür", erklärt er. Als sich der ehrgeizige Willy-Brandt-Fan Anfang der siebziger Jahre an der Universität Mannheim für Volkswirtschaftslehre einschrieb, hatte er sich seine ersten politischen Meriten bereits verdient. "Ich war mit 20 Jahren der jüngste Ortsvereinsvorsitzende der SPD", erzählt Zimmermann stolz.
Dass alles ganz anders kam, liegt an Heinz König, dem Pionier der empirischen Wirtschaftsforschung in Deutschland. "König hat mich von der Politik weggebracht. Bei ihm wurde ich für die Wissenschaft fasziniert", erinnert sich Zimmermann.
Sein SPD-Parteibuch hat Zimmermann vor Jahren zurückgegeben. Heute ist er einer der erfolgreichsten und einflussreichsten Ökonomen Deutschlands. Gleich zwei renommierte Wirtschaftsforschungsinstitute leitet der 52-Jährige mit dem 33 Seiten langen Lebenslauf, das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin und das Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit (IZA) in Bonn.
Zimmermann ist auch einer der ganz wenigen Ökonomen, die wissenschaftlich einen Namen haben und sich gleichzeitig intensiv in die öffentliche Debatte über wirtschaftspolitische Themen einschalten. Zimmermann, der in seiner Gymnasialzeit für eine Schülerzeitung schrieb, kennt anders als die meisten Top-Forscher seiner Zunft keine Berührungsängste gegenüber der Presse. "Im Informationszeitalter gehört der Austausch mit den Medien zu den Pflichten, die Ökonomen erfüllen müssen", betont er. "Wir Volkswirte dürfen nicht nur in N-dimensionalen Quadranten denken, wir müssen komplexe Ergebnisse in einfache Botschaften übersetzen."
Doch versteht sich Zimmermann nicht nur als Kommunikator und Manager, er will wissenschaftlich aktiv bleiben – obwohl die Verwaltungs- und Repräsentationsaufgaben dafür immer weniger Zeit lassen. "Ich erhebe den Anspruch an mich selbst, jedes Jahr mindestens zwei oder drei Forschungspapiere in namhaften Fachzeitschriften zu veröffentlichen." Denn seinen Ruf als Forscher will er auf keinen Fall verlieren, "das ist für mich eine Frage der Ehre". Mancher Universitätsprofessor wäre froh, wenn er solch ein Pensum überhaupt einmal schaffen würde – für Zimmermann dagegen ist dieser Output im Vergleich zu früher gering. "Es gab Jahre, in denen ich zehn Papers veröffentlicht habe." Diese Arbeitswut hat ihm eine imposante Publikationsliste beschert: 32 Bücher, 79 Aufsätze in Fachzeitschriften und 99 Beiträge für Sammelbände hat er veröffentlicht; hinzu kommen 170 Texte für Tageszeitungen und Magazine.
Arbeitsmarkt und Einwanderung sind seine Forschungsschwerpunkte, aber auch über Außenhandel und Industrieökonomik hat er publiziert. "Ich habe mir immer Themen gesucht, die einen Bezug zum wirklichen Leben haben" – abgehobene Zahlenspielereien, wie sie bei vielen Wirtschaftswissenschaftlern beliebt sind, sind seine Sache nicht. "Ich liebe zwar die Mathematik, aber nur als Hilfsmittel für die Beantwortung von Fragen, die den Menschen betreffen, die gesellschaftliche Relevanz haben."
Zimmermanns steiler wissenschaftlicher Aufstieg begann Anfang der achtziger Jahre. Schon fünf Jahre vor dem Abschluss seiner Dissertation, veröffentlichte er den ersten eigenen Aufsatz in den renommierten "Economics Letters". Seine Erstberufung zum Professor erhielt er direkt von der renommierten Ludwig-Maximilians-Universität in München. 1991 machte ihn das internationale Forschungsnetzwerk Center for Economic Policy Research (CEPR) zum ersten deutschen Programmdirektor. Zusammen mit Dennis Snower, der heute das Kieler Institut für Weltwirtschaft leitet, bestimmte Zimmermann die Forschungsschwerpunkte im Fachbereich Arbeitsmarkt-Ökonomik.
Nach seinem Wechsel an die Uni Bonn 1998 gründete Zimmermann am Rhein sein eigenes Forschungsnetzwerk, das IZA. Einen Ruf an die Spitze des Münchener Ifo-Instituts lehnte er im gleichen Jahr ab. Zwei Jahre später ließ er sich nach einigem Zögern dazu überreden, die Führung des DIW zu übernehmen – das Institut war in jenen Tagen wissenschaftlich abgeschlagen und ein Sanierungsfall. Zimmermann tauschte nach und nach fast die gesamte Institutsspitze aus und holte junge Wissenschaftler aus ganz Europa nach Berlin.
Innerhalb des DIW hat sich Zimmermann definitiv nicht nur Freunde gemacht. Im vergangenen Sommer geriet die Absetzung des damaligen Konjunkturchefs Gustav Adolf Horn sogar zum öffentlichen Eklat. Weil Zimmermann die Abberufung des profilierten Keynesianers öffentlich nicht schlüssig begründen konnte, schossen Spekulationen über eine wirtschaftspolitische Neuausrichtung des Instituts ins Kraut. Monatelang kam das DIW nicht aus den Schlagzeilen – den Medienstar hatte die Fortüne verlassen.
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