Bluecard contra Greencard

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July 17, 2000, 20 minuten Köln

(Gastbeitrag Klaus F. Zimmermann)
 

Zuerst die gute Nachricht: Endlich wird sachbezogen über die Zuwanderung nach Deutschland diskutiert. Berlin will die "Greencard", Bayern die "Bluecard" für ausländische Spitzenkräfte. Die schlechte Nachricht: Von einer konsequenten Steuerung der Zuwanderung sind wir noch weit entfernt. Dazu gehört mehr, als punktuell bunte Karten anzubieten. Die internationale wirtschaftliche Verflechtung macht die Arbeitsplätze mobiler. Wenn wir nicht wollen, daß sie zum Teil auf Dauer exportiert werden, oder daß ausländische Mitarbeiter verstärkt über das Internet für unsere Unternehmen arbeiten, hier aber weder Steuern und Abgaben zahlen noch am Konsum teilhaben, dann sollten wir endlich klare Spielregeln in Form eines Zuwanderungsgesetzes erlassen. Hinzu kommt, daß unsere Gesellschaft immer älter wird. Die Lebenserwartung steigt, die Geburtenzahlen stagnieren. Unsere Bevölkerung wird in den nächsten Jahrzehnten um einige Millionen zurückgehen. Für unsere Alterssicherung und die gesellschaftliche Dynamik sind das Alarmsignale. Zwar sollte niemand ernsthaft glauben, es könne gelingen, den demographischen Wandel allein durch Zuwanderung aufzufangen. Aber es muß darum gehen, die Zuwanderung so zu steuern, daß sie die Reformfähigkeit und Erneuerungskraft unserer Wirtschaft wie der sozialen Sicherungssysteme unterstützt. Dazu ist es notwendig, variable Zuwanderungsquoten festzusetzen und vor allem darauf zu achten, daß die Arbeitsmarktbelange ausreichend berücksichtigt werden. Davon kann derzeit überhaupt nicht die Rede sein.

Statt dessen klafft eine Schere auseinander: In vielen Branchen, in vielen Unternehmen gibt es Personallücken, die durch Arbeitslose nicht zu stopfen sind, weil sie die Anforderungen nicht erfüllen. Die Folge: Unternehmerische Dynamik gerät in Gefahr, weitere Arbeitsplätze sind in ihrer Existenz bedroht. Gleichzeitig herrscht in anderen Branchen hohe Arbeitslosigkeit, vor allem unter Geringqualifizierten. Sie können häufig auch deshalb keine Arbeitsplätze finden, weil es einen Mangel an qualifiziertem Personal im selben Unternehmen gibt und folglich auch keine Zulieferdienste benötigt werden. Beide Entwicklungen - Arbeitskräftemangel bei Hochqualifizierten und hohe Arbeitslosigkeit der Geringqualifizierten - vollziehen sich parallel.

Nur durch eine Kontrolle der Zuwanderung über Quoten und Auswahlmechanismen läßt sich vermeiden, daß - von Familienangehörigen einmal abgesehen - weiterhin auch solche Zuwanderer ins Land kommen, die auf dem Arbeitsmarkt kaum eine Chance haben. Das wird in anderen Ländern erfolgreich praktiziert und würde auch bei uns die Akzeptanz von Zuwanderung vergrößern. Deutschland braucht mehr (ökonomisch motivierte) Zuwanderer - aber auch ein Zuwanderungsgesetz.


Reprinted with permission.

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