Experten halten Sparquote zur Alterssicherung für zu gering

Logo
May 22, 2001, Financial Times Deutschland

(Bericht über IZA Conference "Pension Reform and Labor Markets")

Ökonomen sehen aber Risiken bei höherer Kapitalanlage
 

Weil die Menschen älter werden und weniger Kinder haben, reicht nach Expertenmeinung die bisherige Altersvorsorge in Industrieländern nicht mehr aus. US-amerikanische und deutsche Ökonomen forderten gestern bei einer Tagung in Berlin, die Jüngeren müssten stärker auf Konsum verzichten und mehr fürs Alter sparen.

Der Direktor des Instituts zur Zukunft der Arbeit (IZA), Klaus Zimmermann, hält auch die jüngste deutsche Rentenreform mit staatlicher Förderung fürs Extraspren für unzureichend. Die Reform gehe zwar in die richtige Richtung. "Allerdings ist der Nachbesserungsbedarf schon heute vorprogrammiert. Sinnvoll wäre in jedem Fall eine obligatorische private Absicherung gewesen", argumentierte er.

Amerikanische Volkswirte erklärten, nicht nur in Deutschland gingen die Menschen noch zu früh in Rente. Frühverrentung sei für sie Problem, weil die Abschläge meist nicht die tatsächlichen Kosten widerspiegelten. Harvard-Ökonom David Wise sparch sich dafür aus, das Rentenalter zu erhöhen und längeres Arbeiten im Rentensystem zu belohnen. Auch müsse mehr Geld in die Vorsorgesysteme gesteckt werden. "Wenn ich König wäre, würde ich wohl von allem ein bisschen machen."

Der ehemalige sozialpolitische Berater von Präsident Bill Clinton, Ken Apfel, sagte: "In den USA herrscht Einigkeit, dass man mehr sparen muss." Das Wie sei noch heftig umstritten. Er regte an, Haushaltsüberschüsse der Sozialversicherung, aber unter Umständen auch des allgemeinen Staatshaushalts anzulegen.

Der ehemalige Chef-Ökonom der Weltbank, Joseph Stiglitz, sagte, als zweite Säule neben der Sozialversicherung sie individuelle Vorsorge nicht unbedingt das beste Mittel. "Meiner Ansicht nach sind dafür kollektive Systeme besser geeignet als individuelle Konten." Erfahrungen in Großbritannien zeigten, dass individuelle Sparpläne fürs Alter wegen hoher Transaktionskosten bis zu 40 Prozent des möglichen Ertrags einbüßten. In Deutschland wollen Gewerkschaften und einzelne Arbeitgebervertreter im Zuge der Rentenreform branchenweite Pensionsfonds einrichten. Damit sollen Arbeitnehmer einen zusätzlichen Kapitalstock fürs Alter aufbauen.

Sparer hätten Probleme, die beste Altersvorsorge selbst zusammenzustellen, sagte Stiglitz. "US-Amerikaner gelten als die am besten gebildeten Investoren. Aber die meisten Bürger kennen nicht den Unterschied zwischen Aktien und Rentenpapieren." Gut organisierte öffentliche Pensionskassen könnten besser sein als schlecht geführte Privatfonds.


Reprinted with permission.

Back