Die ultimative Wohlstandsquelle und ihre Gestaltung

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June 2013, IZA Compact

(Op-ed by Klaus F. Zimmermann)
 

Freihandel und offene Arbeitsmärkte sind Determinanten des wirtschaftlichen Wohlstands. Es war der 1998 leider früh verstorbene amerikanische Bevölkerungsökonom Julian Simon, der in seinem legendären, 1981 erschienenen Buch dem Menschen selbst die Rolle der Ultimate Resource als Wohlstandsquelle zuwies. Simons Überlegungen sind auch heute noch in vieler Hinsicht visionär. Das Migrationsnetzwerk des IZA ehrt Simon jährlich durch eine Julian Simon Lecture, gerade wieder bei seinem 10. Jahrestreffen Anfang Juni in Jerusalem. Tatsächlich ist im heutigen Informations- und Wissenskapitalismus das Humankapital der immer zentraler werdende Motor der wirtschaftlichen Entwicklung, der durch Migration global optimiert werden kann. Konsequenterweise war Simon auch Anhänger offener Arbeitsmärkte.

Ein hochkarätiger IZA-Workshop hat im Mai in Bonn die Interaktion von Humankapitalnutzung und Arbeitsmigration debattiert und dabei die Bedeutung der Mobilität von Hochqualifizierten und den weiteren Abbau von Wanderungsrestriktionen thematisiert. Dies stützt sich auf Studien wie die von IZA Fellow John Kennan, der gerade im Review of Economic Dynamics in seinem Artikel Open Borders gezeigt hat, dass die Aufgabe dieser Re striktionen massive Wohlstandssteigerungen auslösen kann. Die starke Rolle, die China in den nächsten Jahren auf dem Weltmarkt für Humankapital spielen wird (womit die Position Amerikas stark herausgefordert werden wird), haben IZA-Programm direktorin Amelie Constant und ich mit Koautoren gerade im Journal of Contemporary China analysiert. Wir wollen damit die Debatte um die optimale Nutzung von Humankapital weiter vorantreiben.

Solche Überlegungen mischen sich in diesen Tagen mit einer anderen Vision: der transatlantischen Wirtschaftspartnerschaft zwischen den Vereinigten Staaten und Europa. Spekuliert wird über den größten offenen Wirtschaftsraum der Erde, mit einem Bevölkerungspotenzial von 800 Millionen Menschen und einem wirtschaftlichen Output von wahrscheinlich 700 Milliarden Euro. Bereits vor 51 Jahren hatte der damalige amerikanische Präsident John F. Kennedy eine ökonomische „transatlantische Partnerschaft der Gleichen“ im Blick. Auch Präsident Barack Obama hatte diese Vision bei seinem Deutschland- Besuch Mitte Juni im Gepäck. Nun haben endlich die Verhandlungen über ein solches Abkommen zwischen Europa und Amerika begonnen.

Keine Frage: Ein Abkommen, das nicht nur Zölle, sondern auch die vielfältigen nichttarifären Handelshemmnisse abbaut, ist ein Programm für mehr Beschäftigung. Gewinner ist aber vor allem der Konsument. Ein solches Abkommen wäre zeitgemäß, es passt in eine Serie ähnlicher regionaler Abkommen, die nach dem Scheitern der „Doha-Runde“ entstehen. Ein solcher Wettlauf um die Offenheit der Volkswirtschaften ist fruchtbar.

Allerdings ist bemerkenswert, dass die Frage der offenen Arbeitsmärkte nicht zu den Verhandlungspunkten des transatlantischen Wirtschaftspaktes gehört. Das ist ein schwerer Fehler, ist doch Humankapital der dauerhaft bedeutendste Faktor der Wirtschaftsbeziehungen. Ein transatlantischer freier Arbeitsmarkt wäre ein bedeutender Testlauf für weltweit offenere Arbeitsmärkte mit begrenztem Risiko. Der Teilmarkt der Hochqualifizierten könnte vorangehen.

Bereits die öffentlichen Vordiskussionen zeigen allerdings, dass es politisch schwierig werden wird. Zu tief sitzen die Vorurteile des vermeintlichen Vorteils durch Handelsprotektionismus und die ungerechtfertigten Ängste vor negativen Arbeitsmarkteffekten von Zuwanderung.

  • China's Latent Human Capital Investment: Achieving Milestones and Competing for the Top, Journal of Contemporary China, 2013, 22 (79), 109-130. Amelie F. Constant Bienvenue N. Tien Klaus F. Zimmermann & Jingzhou Men [Open Access]
  • John Kennan, Open Borders, Review of Economic Dynamics, 2013
  • IZA Compact


Reprinted with permission.

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