Der Wettbewerb unter den Wirtschaftsforschungsinstituten hat deutlich zugenommen. Eine Studie legt erhebliche Qualitätsunterschiede offen.

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September 03, 2012, Handelsblatt

(With reference to IZA DP No. 6780, A Citation-Analysis of Economic Research Institutes, co-authored by Klaus F. Zimmermann)
 

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Olaf Storbeck London.

Das Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) ist mit einigem Abstand das wissenschaftlich erfolgreichste Wirtschaftsforschungsinstitut in Deutschland. Jeder Aufsatz, den ein ZEW-Mitarbeiter in einer Fachzeitschrift veröffentlicht, wird im Schnitt 6,14-mal von anderen Forschern zitiert - deutlich häufiger als die Arbeiten von Mitarbeitern anderer Denkfabriken. Das zeigt eine neue Studie. Auf dem zweiten Platz liegt das Hamburger HWWI - knapp vor dem Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) in Essen.

Autor der Studie ist Klaus Zimmermann, der ehemalige Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) Berlin. Im Februar 2011 schied Zimmermann nach langen internen Querelen beim DIW aus, leitet aber weiterhin das von der Post-Stiftung finanzierte Bonner Institut zur Zukunft der Arbeit (IZA). Die Studie, die Zimmermann gemeinsam mit dem heute beurlaubten ehemaligen DIW-Vorstand Rolf Ketzler verfasst hat, analysiert die Qualität des Forschungsoutputs von sieben Wirtschaftsforschungsinstituten für die Jahre 2000 bis 2009.

Das DIW selbst landet dabei mit nur 3,75 Zitaten pro Artikel auf dem vorletzten Platz. Noch schlechter schneidet nur das Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) ab. Jeder Aufsatz eines IWH-Wissenschaftlers wird nur 2,73- mal zitiert - noch nicht einmal halb so oft wie der eines ZEW-Forschers.

Das IWH ist in der letzten Evaluierung durch die Leibniz-Kommission heftig kritisiert worden und nur knapp der Schließung entkommen. Die Wirtschaftsweise Claudia Buch, die derzeit in Tübingen lehrt, soll als neue Präsidentin das Institut sanieren und wettbewerbsfähig machen - eine Mammutaufgabe, wie die Ergebnisse der Studie zeigen.

Die Arbeit offenbart auch, dass die Leibniz-Gesellschaft bei der Beurteilung der Arbeit der Institute nicht konsistent vorgeht. 2003 war das Hamburger HWWA wegen angeblicher Qualitätsmängel durchgefallen und hatte die Finanzierung der Leibniz-Gemeinschaft verloren. Laut Studie aber war das HWWA und sein Nachfolger, das stark geschrumpfte HWWI, gemessen an den Zitaten pro Studie zwischen 2000 und 2009 deutlich erfolgreicher als das Ifo-Institut, das Kieler IfW und das DIW, die alle drei keine Probleme bei der Evaluierung hatten. Besonders frappierend ist der Vergleich zwischen HWWI und IWH.

Grundlage der Studie von Zimmermann und Ketzler ist eine detaillierte Datenbank mit allen Publikationen, die hauptamtliche Mitarbeiter der Denkfabriken in den Fachzeitschriften veröffentlicht haben, die im "Social Science Citation Index" erschienen sind. Die Informationen stammen aus den Geschäftsberichten der Institute.

Seit der Jahrtausendwende ist die Forschungsleistung aller Denkfabriken deutlich gestiegen. 2009 veröffentlichten alle Institute zusammen achtmal so viele Aufsätze in internationalen Fachzeitschriften wie 2000. Zwischen den einzelnen Instituten bestehen aber gewaltige Unterschiede, wie die Studie von Zimmermann und Ketzler deutlich macht.

In den nächsten Jahren dürften sich die Gewichte zwischen den Instituten verschieben, prognostizieren die Forscher. Vor allem das DIW werde in Zukunft bei den Zitationen spürbar besser abschneiden. Denn der Publikationsoutput des Berliner Instituts sei ab 2004 im Vergleich zu den anderen Denkfabriken überproportional gestiegen. Bis neue Aufsätze in anderen Arbeiten zitiert werden, vergingen allerdings in der Regel einige Jahre.

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