Mehr Chancen als Risiken – Südkorea als Markt der Zukunft

Logo
June 23, 2010, DIW Berlin: Wochenbericht

(Interview with Klaus F. Zimmermann)
 



Wir sollten auf dieses Land setzen.

Die Wirtschaft in Asien konnte in den vergangenen Jahren gewaltige Wachstumsraten ver buchen, allen voran China. Aber auch andere Länder in Fernost befinden sich im Aufwind, beispielsweise Südkorea. Nicht umsonst wird in den USA derzeit um ein Freihandelsabkommen mit Südkorea gerungen. Herr Professor Zimmermann, welche Bedeutung hat der asiatische Staat mittlerweile als Handelspartner?
Er ist für Amerika einer der Schlüsselstaaten im asiatischen Raum. Es geht darum, auf Dauer dort nachhaltig eine Position zu entwickeln. Das hängt damit zusammen, dass sich die Bedarfe Amerikas und Südkoreas ideal ergänzen. Wechselseitig profitiert man sehr gut voneinander. Südkorea bietet große Chancen für Amerika.

Wer hat denn aktuell die Nase vorn im Handel mit Südkorea – die Europäer oder die Amerikaner?
Auch die Europäer bemühen sich seit einigen Jahren um ein Freihandelsabkommen mit Südkorea. Die Doha- Runde ist ja zu nächst einmal ergebnislos gescheitert, und großflächige Freihandelsabkommen er scheinen im Augenblick unmöglich. Es gibt so etwas wie einen Wettbewerb um den Ausbau der asiatischen Handelsbeziehungen. Aber es gibt Widerstände gegen den weiteren Ausbau des Handels. Und auch in Italien gibt es Vorbehalte gegen einen Abschluss der EU mit Südkorea.

Warum gibt es gerade in den USA diese Widerstände?
Es gibt ja immer Befürchtungen, dass Handel zum Verlust von Arbeitsplätzen führen könnte. Die amerikanische Administration versucht, den Menschen klarzumachen, dass insbesondere die Ausweitung der Exporte Arbeitsplätze sichert und mit dem Handel gerade mit Südkorea zusätzlich viele tausend Arbeitsplätze entstehen würden. Aber das ist eine umstrittene Position in der öffentlichen Diskussion.

Gibt es denn in den USA auch die Angst, ins Hintertreffen zu geraten bei den Wirtschaftsbeziehungen mit Südkorea?
Ja, es gibt die Befürchtung, dass die Europäer die Nase vorn haben könnten, wenn man selbst nicht zum Zuge kommt. Amerika hat ja in den vergangenen Jahren im Handel mit Südkorea Anteile verloren. Und da gibt es schon die Sorge, dass man noch weiter zurückfällt.

Liegen denn in Südkorea mehr Risiken oder mehr Chancen für die Amerikaner?
Die Chancen, nach Südkorea exportieren zu können und gleichzeitig die Defizite im Handel abzubauen, liegen offen zu Tage. Die Amerikaner haben mehr Chancen als Risiken. Die Erfahrungen mit Freihandelsabkommen implizieren, dass es Amerika danach immer gelungen ist, seine Handelsdefizite in Überschusse zu verwandeln.

Die EU hat ebenfalls wie die USA im vergangenen Oktober ein Freihandelsabkommen mit Südkorea beschlossen. Was bedeutet das für die deutsche Wirtschaft?
Bisher ist das Abkommen zwar beschlossen, aber nicht ratifiziert. Die deutsche Wirtschaft würde dann natürlich einen leichteren Zugang zu den asiatischen Märkten bekommen. Und das sollten wir von Deutschland aus als Exportnation auch forcieren. Denn wir sind ja sehr stark von den Exporten abhängig.

Trotzdem gibt es Widerstände, insbesondere aus der deutschen Autoindustrie …
Das hängt damit zusammen, dass man sehr industriespezifische Bedenken hat. Man muss als volkswirtschaftlicher Betrachter aber die Gesamtinteressen der Nation im Auge behalten. Natürlich bringt eine Marktöffnung nicht immer nur Vorteile für die eigenen Produkte, sondern auch Konkurrenz für die Branchen, die eben nicht so gut aufgestellt sind.

Wird sich Südkorea weiter so rasant entwickeln?
Ja, Südkorea ist ein Schlüsselland für die dynamische Entwicklung Asiens. Wir sollten auf dieses Land setzen.


Reprinted with permission.

Back