Der Montagsökonom: Euro, ich war auch dabei

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January 07, 2002, Financial Times Deutschland

(Interview mit Klaus F. Zimmermann)
 

1. Was hat Sie in den vergangenen Tagen am meisten überrascht?

Die Begeisterungsfähigkeit der Deutschen für das neue Euro-Bargeld. Ich war auch dabei! Viele Geldinstitute hätten angesichts der Menschenschlangen vor den Geldautomaten mit Imbißständen, Tombolas und beheizten Warte-Zelten beste Imagewerbung betreiben können. Nach Harry Potter also ein weiterer Höhepunkt in der Event-Gesellschaft. Das zeigt plastisch die Reformbereitschaft der Deutschen, wenn man den geeigneten Weg zu ihren Herzen findet. Das könnte auch ein Fingerzeig für die Arbeitsmarktpolitik sein.

2. Lassen sich wirtschaftliche Rezessionen vermeiden?

Die schlechte Nachricht zuerst: Nein, sonst müßten wir das Wirtschaften generell abschaffen. Die gute: Wir können sie abmildern. Etwa durch eine Kräftigung automatischer Stabilisierungsmechanismen und durch eine proaktivere Geldpolitik.

3. Welche ökonomische Theorie müsste noch erfunden werden?

Es gibt viel gute Theorien, woran es aber mangelt, sind genügende empirische Fundierungen. Das ist gefährlich, denn eine gute Wirtschaftspolitik darf nicht auf Glaube, sie muß auf harten Fakten basieren. Schön wäre es also, eine Erklärung dafür zu finden, warum sich akademische Karrieren in der Ökonomie heute bei jenen leichter entwickeln, die sich mit der Theorie beschäftigen.

4. Welches Wirtschaftsbuch würden Sie niemandem weiterempfehlen?

Angesichts der Pisa-Studie sollte niemand vom Lesen abgehalten werden. Schlechte Bücher gibt es nicht nur in der Wirtschaftsliteratur.

5. Welcher Ökonom hat auf die heutige Wirtschaftspolitik den größten Einfluss?

Beim "hat" zweifelsohne der US-Ökonom Robert Lucas, Erfinder der "Theorie der Politikabstinenz" und intellektueller Vordenker der "ruhigen Hand" und des Politikparadigmas hinter dem Maastrichter Vertrag. Beim "sollte" der Brite John Maynard Keynes, dessen intellektuelle Hand ja auch nie zitterte.

6. Macht Geld glücklich?

Geld ist nur Schmiermittel des Lebensglücks. Macht es süchtig, so ist der Absturz programmiert. Sonst ist es jedoch sehr beruhigend, wenn man es hat.

7. Würden Sie gerne Präsident der Europäischen Zentralbank sein?

Prima Job! Viel Geld, wenig Arbeit - die Leitzinsen bleiben ja meist unverändert. Im Ernst: Geldpolitik hat mich seit meiner Studienzeit fasziniert. Aber leider bin ich zu jung für das Amt.


Reprinted with permission.

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