Den Standort stärken - Deutschland braucht "Green Cards" für Studenten

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17. April 2000, Berliner Zeitung

(Gastbeitrag Klaus F. Zimmermann)
 

Es mutet paradox an: ganz Deutschland redet vom Fachkräftemangel und der "Green Card"-Initiative zur Linderung der akuten Personalengpässe der IT-Branche. Während auf diese Weise endlich die Einsicht zu wachsen beginnt, daß Deutschland in dosiertem Umfang Zuwanderung benötigt, verschließen wir die Augen vor der Tatsache, daß die Attraktivität des Studienstandortes Deutschland in der jüngeren Vergangenheit drastisch gesunken ist. Systematische Mittelkürzungen, vor allem aber nur halbherzig diskutierte Reformen haben das deutsche Hochschulsystem weiter geschwächt. Für die Universitäten gibt es kaum Anreize, ihre Internationalität durch attraktive Angebote an die Studierenden der Welt zu stärken. Die Folgen sind fatal. Und so braucht es uns nicht wundern, daß die internationale Leistungselite nach Amerika abwandert - und sich später auch mit "Green Cards" nicht mehr nach Deutschland locken läßt. Es muß uns zu denken geben, daß sich dies alles trotz der hohen amerikanischen Studiengebühren vollzieht.

Es ist an der Zeit, diese Fehlentwicklungen zu korrigieren. Denn: Vom intensiven Kontakt zu ausländischen Studenten profitieren zuallererst unsere Kinder. Im Wettbewerb um und mit ausländischen Studierenden würde die Qualität der Ausbildung zunehmen. Unsere Leistungseliten brauchen die interkulturelle Kommunikation, um sich adäquat auf die globalisierte Arbeitswelt vorbereiten zu können. Für die deutsche Wirtschaft entstünden wichtige Netzwerkverbindungen, wenn sie später auf deutschlanderfahrene ausländische Geschäftspartner treffen.

Was sollte getan werden? Die kontraproduktive Rotstift-Politik in bezug auf die Goethe-Institute muß ein Ende haben. Dort, wo sie ihre Pforten schließen, fehlt die Möglichkeit Deutsch zu lernen und wird somit das Interesse am Studium in Deutschland im Keim erstickt. Unsere Hochschulen sollten aber auch erkennen, daß es im Interesse aller Studierenden läge, Englisch zur Lehrsprache zu erheben und international orientierte Ausbildungsgänge zu konzipieren. Aber auch die Wirtschaft muß sich stärker engagieren: So fördert etwa die Deutsche Post das internationale volkswirtschaftliche Doktorandenprogramm der Universität Bonn. Last, but not least sollten ausländische Studierende nach ihrem Studium in Deutschland bleiben und arbeiten können, wenn es unserem Arbeitsmarkt nützt. Es muß Schluß sein mit dem ausländerrechtlichen Hindernisrennen - warum nicht auch eine "Green Card" für Studenten? Mehr Weitsichtigkeit ist vonnöten, nicht nur bei der Regelung der Zuwanderung, sondern auch beim Umgang mit dem Wunsch, in Deutschland zu studieren.


Nachdruck mit freundlicher Genehmigung.

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