Herkunftsländer in die Pflicht genommen

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08. Juni 2015, Kölner Stadt-Anzeiger

(Bericht über 10. IZA/Weltbank-Konferenz mit Stellungnahme von Klaus F. Zimmermann)
 

FLÜCHTLINGE Experten zeigen Alternativen für Asylsuchende auf

VON ASTRID WIRTZ

Bonn. Die Staatenlenker in den Entwicklungsländern dürften sich nicht auf die Migranten und deren Überweisungen aus dem Ausland verlassen. Sie müssten selber ihre Hausaufgaben machen und das Leben für die Menschen in ihren Herkunftsländern verbessern. Thomas Silberhorn, Parlamentarischer Staatssekretär im Ministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit, brachte es auf den Punkt. Probleme wie Arbeitslosigkeit, Unterbeschäftigung und Verelendung in Teilen der Dritten Welt und deren vielfältige Ursachen "lassen sich nicht durch Migration lösen." Vor dem Hintergrund von mehr als 50 Millionen Flüchtlingen weltweit, der damit größten Migrations- und Flüchtlingswelle seit dem Zweiten Weltkrieg, ist die Suche nach Strategien zur weltweiten Förderung von Beschäftigung brisanter denn je.

Das Bonner Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit (IZA) hatte gemeinsam mit der Weltbank Wissenschaftler aus aller Welt zu der jährlichen Fachkonferenz nach Bonn eingeladen. Laura Thompson von der Internationalen Migrationsorganisation IOM in Genf plädierte stärker für eine Öffnung legaler Wege nach Europa, um die illegale Einwanderung zu stoppen.

Auch Klaus Zimmermann von der Universität Bonn glaubt angesichts einer sich weiter verstärkenden Migration nicht daran, dass man die Grenzen letztlich verteidigen könne. Er sprach sich für Angebote aus und verwies darauf, dass Afrikaner gerne für eine Zeit in Europa arbeiten würden, um dann aber mit dem verdienten Geld und den neu erworbenen Kenntnissen auch wieder zurückzukehren. Ein Leben in Europa jedenfalls wollten die meisten nicht.

Besonderer Schwerpunkt der Konferenz zu "Beschäftigung und Entwicklung" war der Einfluss der neuen Technologien, die es auch für junge Menschen in den Entwicklungs- und Schwellenländern zunehmend einfacher machen könnten, von vor Ort ihr Business zu betreiben, solange der Zugang zu Internet und anderen strukturellen Voraussetzungen gegeben sei. Investitionen in diesen Bereich seien deshalb dringend geboten. Gerade Afrika hat angesichts von 700 Millionen Handy-Nutzern dabei einen riesigen Nachholbedarf.

Einig waren sich die Fachleute, dass es in den aufstrebenden Staaten Asiens und auch in den Entwicklungsländern nicht an qualifizierten Uniabsolventen mangelt - dafür aber in dramatischer Weise an passenden Jobs für diese jungen Leute. Selbst Südkorea beklagte kürzlich ein Überangebot an Akademikern. Mangel herrsche aber an handwerklich Ausgebildeten. Gerade da bemüht sich das Entwicklungshilfeministerium, Ausbildungshilfe zu leisten. Europa müsse viel mehr vor Ort in Arbeit investieren, sagte Silberhorn.


Nachdruck mit freundlicher Genehmigung.

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