Die Langzeitarbeitslosen brauchen Hilfe

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09. Dezember 2009, DIW Berlin: Wochenbericht

(Gastbeitrag von Klaus F. Zimmermann)
 



Aktuelle Pläne der Bundesregierung sehen vor, bei der Betreuung der Langzeitarbeitslosen (Hartz-IV-Empfänger) das Modell der getrennten Trägerschaft als zentrale Organisationsform einzuführen. Dabei würden die lokalen Bundesagenturen für Arbeit und die Kommunen mehr oder weniger koordiniert nebeneinander wirken. So würde ein „Betriebsunfall“ zum Regelfall gemacht, denn obgleich in derzeit wenigen Kommunen das Nebeneinander von Sozialamt und Arbeitsagentur praktiziert wird, ist dieses Modell im Sozialgesetzbuch nicht vorgesehen. Der dritte Weg – neben Optionskommune und Arbeitsgemeinschaft – ist vielmehr bisher das Ergebnis einer nicht erfolgten Einigung zwischen den beteiligten Behörden auf eine Zusammenarbeit in einer Arbeitsgemeinschaft.

Das Nebeneinander einer getrennten Trägerschaft wäre als klarer Rückschritt zu werten. Bereits realisierte Fortschritte der Arbeitsmarktpolitik würden zunichtegemacht. Zu befürchten sind die alten Nebenwirkungen: Hohe Organisationskosten, doppelte Verwaltungsapparate, Reibungsverluste sowie Konfusion und Verwirrung bei den betroffenen Langzeitarbeitslosen. Schließlich lag genau hier das Problem vor den Arbeitsmarktreformen und der Zusammenführung der damaligen Sozial- und Arbeitslosenhilfen.

Ausgangspunkt ist eine Weisung des Bundesverfassungsgerichts an den Gesetzgeber. Bis 2010 ist die im Rahmen der Arbeitsmarktreformen 2005 eingeführte Mischbetreuung der Langzeitarbeitslosen durch die Kommunen und die Bundesagentur für Arbeit (Arbeitsgemeinschaften) zu beenden, da diese Vermengung grundgesetzwidrig ist. Dabei könnte eine kluge Reform auch andere Mängel beseitigen helfen: Die Hilfen für die Problemgruppen setzen zu spät an und sie werden bundesweit in einem organisatorischen Wildwuchs neben den 350 Arbeitsgemeinschaften auch durch 23 Kommunen in Konkurrenz zur Agentur oder als eine der 69 Optionskommunen alleine betrieben.

Damit würde geradezu leichtfertig eine Chance vertan, eine substanzielle Verbesserung der Betreuung in Angriff zu nehmen. Denn obgleich der Anteil der Langzeitarbeitslosen in den letzten Jahren leicht rückläufig ist, weist Deutschland international auch weiterhin eine der höchsten Langzeitarbeitslosenquoten auf. Aber was tun? Jetzt rächt sich, dass die organisatorische Struktur in den vergangenen Jahren nicht seriös wissenschaftlich evaluiert wurde.

Dabei ist klar: Bei potentiell von Langzeitarbeitslosigkeit bedrohten älteren, ungelernten oder ausländischen Menschen macht eine frühzeitige Intervention und Betreuung bereits bei der Entstehung von Arbeitslosigkeit Sinn. Eine eigene Institution sollte den gesamten Prozess der Arbeitslosigkeit für diese Problemgruppen von Anfang an begleiten. Die Politik ist gefordert, hier einzugreifen, bevor die Sockelarbeitslosigkeit wieder ansteigt.


Nachdruck mit freundlicher Genehmigung.

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