Bildungsoffensive für den Osten ist notwendig

Logo
23. Juli 2007, Sächsische Zeitung

(Gastbeitrag von Klaus F. Zimmermann)
 

Seit dem Fall der Mauer ist die Lage in Ostdeutschland von einer hartnäckig hohen Arbeitslosigkeit geprägt. Deren Ursache lag in einem Mangel an Produktionsmöglichkeiten, nicht an spezifischen Arbeitskräften. Alsbald wird ein Mangel an Fachkräften hinzukommen. Dadurch werden immer mehr weniger geeignet Qualifizierte arbeitslos werden.

Wegen des Geburteneinbruchs in den ostdeutschen Ländern Anfang der neunziger Jahre ist zudem der demographische Schrumpfungsprozess unter der jungen Erwerbsbevölkerung groß. Die Folgen werden sich in einer geringen Nachfrage nach Lehrstellen und Studienplätzen zeigen. Darauf folgt zeitverzögert ein schrumpfendes Angebot an gut ausgebildeten jungen Arbeitskräften. Dieser Mangel kann auch nicht annähernd aus dem Arbeitslosenbestand gedeckt werden, weil viele der benötigten Qualifikationen dort nicht vorhanden sind.

Wenn aber eine Region nicht über hinreichendes Humankapital verfügt, wird sie in der Entwicklung zurückfallen. Dies gilt insbesondere, wenn Sie sich wie in Ostdeutschland überwiegend auf die Funktionsweise ihrer Wachstumszentren verlassen muss. Denn Wachstum wird künftig immer stärker das Ergebnis des richtigen Bildungs- und Ausbildungsstandes der Arbeitsbevölkerung sein. Deshalb sollte die bisherige Strategie für den "Aufbau Ost" mit ihrer Konzentration auf Transferleistungen und Infrastrukturförderung überdacht und ein stärkerer Akzent auf die Bildung gelegt werden.

Zwar sinken die Schülerzahlen im Osten. Doch darf das von der Politik nicht dazu genutzt werden, bei der schulischen Bildung allzu kräftig den Rotstift anzusetzen. Zumindest ein Teil der frei werdenden Mittel sollte zur Qualitätssteigerung der schulischen Ausbildung genutzt werden. Dies ist auch bitter nötig, da in den neuen Bundesländern überdurchschnittlich viele die Hauptschule ohne Abschluss verlassen. Auch muss erreicht werden, dass ein größerer Anteil der Schüler ein Zeugnis erwirbt, das zu einem Studium berechtigt. In dieser Hinsicht liegt ganz Deutschland im internationalen Vergleich zurück.

Die neuen Länder sollten auf Zuwanderungen von Studenten setzen, aus dem Ausland und aus Westdeutschland. Dazu bedarf es eines exzellenten Studienangebotes, was einen höheren Einsatz an Organisationskraft, Ideen und finanziellen Mitteln verlangt. Studienplätze in den technisch-naturwissenschaftlichen Fächern sind teuer, aber auf Ingenieure, Softwareentwickler und Naturwissenschaftler kommt es in der Zukunft an. Mehr Mittel könnten durch eine Lockerung der Vorgaben des Solidarpaktes II mobilisiert werden. Dann könnten nicht mehr nur Investitionen in die Infrastruktur, sondern auch Bildungsausgaben einbezogen werden. Erforderlich sind also nicht mehr Mittel, sondern eine zielgerichtete Wachstumsorientierung.

Natürlich können die neuen Länder nicht sicher sein, dass Zuwanderer nach der Beendigung ihres Studiums auch bleiben werden. Aber man kann erwarten, dass viele der Absolventen sich am Studienort selbständig machen oder in den sich ansiedelnden Unternehmen einen Arbeitsplatz finden. Nicht Subventionen, sondern die Qualifikation, Motivation und Leistungskraft der Arbeitsbevölkerung sollte zum Hauptstandortfaktor für Unternehmensgründungen werden.


Nachdruck mit freundlicher Genehmigung.

Back