Ein Phänomen des Mittelstands

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19. März 2013, Märkische Oderzeitung

(Interview mit Werner Eichhorst zu Minijobs)
 

DREI FRAGEN AN: Werner Eichhorst vom Institut für die Zukunft der Arbeit.

Nicht jeder ist auf Minijobs angewiesen, sagt Werner Eichhorst. Dennoch fordert der stellvertretende Leiter des Instituts für die Zukunft der Arbeit deren Abschaffung. Mit ihm sprach Christian Stiller.

Herr Eichhorst, was sind denn das für Frauen, die Minijobs nachgehen?

Das sind in der Regel Frauen mit einer Ausbildung. Überhaupt spiegelt sich nach unseren Analysen in der Struktur der Minijobber das Spektrum der gesamten Gesellschaft wider - das reicht vom Studenten über Akademiker bis hin zum Rentner. Sehr viele Frauen, die Minijobs nachgehen, stammen aus Paarhaushalten. Und man sollte nicht vergessen, dass von den rund 7,5 Millionen Minijobbern rund 2,5 Millionen solch einer Tätigkeit neben einer festen Arbeit zusätzlich als Nebenjob nachgehen - Tendenz steigend.

Das heißt, nicht jeder, der einem Minijob nachgeht, ist auf das Geld auch angewiesen?

Teils, teils. Bei Frauen aus Paarhaushalten beispielsweise stehen rund 30 Prozent ein Nettoeinkommen von über 3000 Euro im Monat zur Verfügung, bei weiteren 30 Prozent ein Nettoeinkommen zwischen 2000 bis 3000 Euro und bei weiteren 30 Prozent eines von unter 2000 Euro. Minijobs sind hier also eher ein Phänomen der Mittelschicht. Da geht es um zusätzlichen Konsum, die Abbezahlung des Eigenheims oder eines Zweitwagens. Das macht die Minijobs als Nebenjobs und auch die ausschließlich geringfügige Beschäftigung auf den ersten Blick attraktiv, selbst wenn nur ein geringer Stundenlohn erreicht wird. Nur jeder zehnte Minijobber bezieht zusätzlich noch Grundsicherung.

Vor zehn Jahren wurden durch die Anhebung der steuerfreien Einkommensgrenzen von 324 Euro auf damals 400 Euro sowie durch die Aufhebung der Arbeitszeitbegrenzung von 15 Stunden in der Woche die heutigen Minijobbedingungen geschaffen, um mehr Menschen in Vollzeitbeschäftigung zu bringen. Hat sich das bewährt?

Nein, absolut nicht. Das hat eher den Druck auf zahlreiche Stundenlöhne erhöht. Minijobs sind heute ein wesentlicher Teil im Niedriglohnsektor. Sie taugen nicht zum Wiedereinstieg in den Beruf, und das trifft in der Tat viele Frauen, die darauf angewiesen sind. Zudem: Wenn jemand 400 Euro Lohnerhöhung bekommt, dann muss er die ja auch versteuern. Minijobs sind ungerecht denen gegenüber, die Steuern zahlen. Ich plädiere deshalb dafür, diese abzuschaffen und Arbeitslöhne ab dem ersten Euro zu besteuern.


Nachdruck mit freundlicher Genehmigung.

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