Frauen sitzen in Minijobs fest

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05. Oktober 2012, Neue Westfälische

(Mit Bezug auf IZA Research Report No. 47: Geringfügige Beschäftigung: Situation und Gestaltungsoptionen)
 

Reform der geringfügigen Beschäftigung könnte 60.000 in Vollzeitbeschäftigung bringen

VON BERNHARD HÄNEL Gütersloh.

Reformen bei den Minijobs sowie der Einkommenssteuer könnten einer Studie der Bertelsmann- Stiftung zufolge bis zu 60.000 neue Vollzeitarbeitsplätze bringen. "Die ihnen zugeschriebene Funktion einer Integration in den Arbeitsmarkt haben Minijobs nicht erfüllt", sagt der Arbeitsmarktforscher und Mitautor der Studie, Eric Thode. Geringfügige Beschäftigung in Minijobs stelle vornehmlich für den "substanziellen Wiedereinstieg von Müttern ins Erwerbsleben eine hohe Hürde da", heißt es in der 70-seitigen Expertise, die in Zusammenarbeit mit dem Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit (IZA) erstellt wurde. Es wurde von der Deutschen Post AG als gemeinnütziges Wirtschaftsforschungsinstitut gegründet und wird vom ehemaligen Postchef Klaus Zumwinkel geleitet. Als problematisch wird der abrupte Anstieg der Abgaben- und Steuerlast oberhalb von 400 Euro angesehen. Zusätzlich werde dieser "Fehlanreiz" oft gerade für gut ausgebildete Ehefrauen noch durch die Effekte des Ehegattensplittings bei der Einkommenssteuer verschärft, so die Studie. Jeder Mehrverdienst der Partnerin führe über den sinkenden Splittingvorteil zu einem überproportionalen Anstieg der Steuerlast. Ein kleines Jobwunder sei möglich, wenn Minijobs ab dem ersten Euro der Einkommenssteuerpflicht unterlägen und steigende Beitragssätze zur Sozialversicherung aufwiesen. Darüber hinaus müsse bei Ehepaaren das maximal übertragbare Einkommen beim Splitting auf 13.805 Euro, den Maximalbetrag im Unterhaltsrecht, begrenzt werden. Freibeträge blieben bestehen, "so dass Geringverdienerpaare keine zusätzliche Belastung" tragen müssten. Eine Deckelung beim Ehegattensplitting könnte dem Staat Mehreinnahmen von neun Milliarden Euro bringen, heißt es in der Studie. Dieser Gewinn, so Thode, solle über eine Absenkung des Solidaritätszuschlags "zurückerstattet" werden. Die praktizierten Regelungen verhinderten das Entstehen von Arbeitsplätzen im ersten Arbeitsmarkt und "fesseln Menschen in der Geringfügigkeitsfalle prekärer Arbeitsverhältnisse". Die vorgeschlagene Reform reduziere die Zahl prekärer Anstellungen zugunsten zusätzlicher Vollzeitstellen mit besserer Daseinsvorsorge", so Thode. Den Gewinn hätten vornehmlich Frauen. Deren Anteil an der Zahl der Beschäftigten mit geringfügiger Tätigkeit beträgt etwa 63 Prozent. Das Einkommen der Frauen verbessere sich durch die Reform ebenso wie die Aufstiegschancen. Im Gegenzug sinke die Gefahr von Altersarmut. Nur für ein Viertel der Minijobs wäre ein qualifizierter Berufsabschluss nötig; real haben 79 Prozent der Minijobberinnen einen Berufs- oder sogar einen höheren Bildungsabschluss. Aktuell plant die Bundesregierung eine Anhebung der Minijobgrenze um 50 auf 450 Euro. Ab dem ersten zusätzlichen Euro steige allerdings die Steuerbelastung, so Thode. Mehr Brutto hieße für sie weniger Netto. Dies würde abschreckend wirken.


Nachdruck mit freundlicher Genehmigung.

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