IZA-Direktor fordert mehr Arbeitsmarktreformen

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22. April 2011, dapd

(Interview mit Klaus F. Zimmermann)

Zimmermann: Bezug von Leistungen mehr an Pflicht zur Gegenleistung koppeln
 

Bonn (dapd). Der Direktor des Bonner Instituts zur Zukunft der Arbeit (IZA), Klaus Zimmermann, fordert von der Bundesregierung mehr Tatkraft beim Thema Arbeitsmarktreformen. Zimmermann sagte der Nachrichtenagentur dapd, mit der Erholung auf dem Arbeitsmarkt sei "auch der politische Reform-Elan deutlich erlahmt". Wenn jedoch in den kommenden Jahren eine Arbeitslosenquote unter vier Prozent erreicht werden solle, müssten "wichtige Weichen neu gestellt und bisherige Fehler korrigiert werden".

Zimmermann kritisierte: "Hier passiert deutlich zu wenig." Die weitere Entlastung des Arbeitsmarktes sei kein Selbstläufer.

Der IZA-Direktor begrüßte zugleich, dass Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) die Zahl der arbeitsmarktpolitischen Fördermaßnahmen verringern wolle. Sein Institut habe bereits vor vier Jahren in einer Studie festgestellt, "dass nur vier Instrumente nachweisbar mithelfen, Arbeitslose in den Arbeitsmarkt zurückzubringen: Vermittlungsgutscheine, die Förderung der beruflichen Weiterbildung, die Eingliederungszuschüsse und die Förderung der Selbstständigkeit".

Zimmermann lobte auch die geplante Einschränkung der Ein-Euro-Jobs, "die den Übergang in reguläre Beschäftigung nicht zufriedenstellend schaffen". Maßstab müsse sein, "inwieweit die Instrumente geeignet sind, bei den zentralen Problemgruppen wirksam zu helfen". Dies seien die jungen Erwachsenen im Alter bis 29 Jahre, die Langzeitarbeitslosen, die älteren Arbeitnehmer sowie die Menschen mit ausländischem Pass.

Zimmermann forderte zugleich: "Grundsätzlich sollte der Bezug von Leistungen noch mehr an eine Pflicht zur Gegenleistung in Form von Arbeit im weitesten Sinne gekoppelt werden." Dazu gehörten auch Maßnahmen der beruflichen und sozialen Weiterqualifizierung. Der IZA-Direktor fügte hinzu: "Das bedeutet im Klartext, dass öffentliche Leistungen, also die Inanspruchnahme von Steuermitteln, gleichsam verdient werden müssen."

Im schwarz-gelben Koalitionsvertrag seien bereits Modelle zur Bürgerarbeit verankert worden, "die arbeitslose Menschen intensiv aktivieren mit dem Ziel, einen möglichst großen Teil von ihnen in den ersten Arbeitsmarkt zu vermitteln oder auf Erwerbstätigkeit vorzubereiten". Zimmermann betonte: "Die Palette der anzubietenden Tätigkeiten reicht bei diesen Modellversuchen von Helfertätigkeiten im sozialen Bereich bis hin zur Vereinsarbeit. Schon jetzt zeigt sich, dass dieses Konzept signifikant zur Reduzierung der Arbeitslosigkeit beiträgt."

Deshalb sollte es "generell bundesweit umgesetzt werden". Zimmermann fügte hinzu: "Gerade jetzt, wo wir dabei sind, nach dem Ende des bisherigen Zivildienstes einen neu zu organisierenden Freiwilligendienst ab 1. Juli zu starten, der jährlich mehrere zehntausend Mitarbeiter braucht, gibt es eine Chance, Transferempfänger stärker in gemeinwohlorientierten Aufgaben einzusetzen und ihnen so zu signalisieren: Ihr werdet gebraucht, ihr könnt für diese Gesellschaft einen nützlichen und wichtigen Beitrag erbringen."

Als "kontraproduktiv" kritisierte Zimmermann allerdings eine Einschränkung der Zuschüsse bei Existenzgründungen. Er mahnte: "Für den weiteren Beschäftigungsausbau in der künftigen Arbeitswelt sind mehr selbstständige Tätigkeiten der entscheidende Schlüssel." Noch sei Deutschland "vorwiegend eine Gesellschaft der Lohnabhängigen und Angestellten".

Mit Blick auf die Bundesagentur für Arbeit sagte Zimmermann: "Der Vorstandsvorsitzende Frank-Jürgen Weise macht einen erstklassigen Job. Deswegen ist es auch bedenklich, wenn die finanziellen Auswirkungen der jüngsten Beschlüsse zu den 'Hartz-IV'-Regelsätzen auf dem Rücken der Bundesagentur für Arbeit ausgetragen werden und diese in den kommenden Jahren in ein milliardenschweres Defizit stürzen." Das sei keine verantwortungsvolle Politik.

Man könne aber "sehr wohl darüber nachdenken, die Aufgabe der Behörde noch stärker auf das Kerngeschäft der Betreuung und Vermittlung von Arbeitslosen zu konzentrieren und sie von teilweise sehr sachfremden Leistungen zu befreien". Zimmermann fügte hinzu: "In den Jobcentern selbst sollte die Position der Fallmanager gestärkt werden, denn sie sind der Dreh- und Angelpunkt für den Erfolg." Für gute Berater und Betreuer könne zum Beispiel verstärkt eine erfolgsabhängige Bezahlung eingeführt werden.


Nachdruck mit freundlicher Genehmigung.

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