Sympathie für die Erzieher

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05. Mai 2015, Süddeutsche Zeitung

(Mit Stellungnahme von Klaus F. Zimmermann)

Viele Deutsche fragen sich, warum ein Bankchef 17-mal so viel Gehalt bekommt wie eine Kindergärtnerin. Und die Gründe? Staatliche Arbeitgeber, die Globalisierung und weniger Verhandlungsmacht
 

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"Gerecht ist in einer Marktwirtschaft erstmal das, was der Markt zahlt", sekundiert der Bonner Ökonomieprofessor Klaus F. Zimmermann. In der Realität führe das allerdings auch dazu, dass die gleiche Arbeit unterschiedlich entlohnt wird: "Die Sekretärin bei einem Handwerker verdient wesentlich weniger als bei Siemens". Weil sie aber vielleicht nicht umziehen will, um mehr zu verdienen, nimmt sie den niedrigeren Lohn hin. Zimmermann räumt auch ein, dass sich an den Ergebnissen des Marktes durchaus zweifeln lässt: "Wenn man schmutzige Arbeit verrichtet, sollte man mehr bekommen. Ist aber meistens nicht so. Das ist ungerecht. Der Markt kann ungerecht sein."

Jobs wie Erzieher, Altenpfleger oder Polizisten tauchen häufig in der Diskussion darüber auf, ob die unterschiedlichen Löhne in Deutschland eigentlich fair sind. Hierbei gibt es ein wichtiges Merkmal: Anders als bei einem Autowerker oder dessen Vorstandschef zahlen die meisten Kunden nicht direkt für die zumindest halbstaatlichen Leistungen eines Altenpflegers oder Polizisten - weshalb auch keine höhere Nachfrage, wenn es sie denn geben würde, die Löhne dieser Berufsgruppen nach oben treibt. Es gibt in der Regel keine Gewinne, die sich an die Mitarbeiter weitergeben lassen. Das ist nur anders, wenn Eltern mehr für eine private Kita bezahlen, was sich meist in höheren Löhnen als in staatlichen Kitas niederschlägt. Ökonom Zimmermann glaubt, dass sich der öffentliche Applaus für die Erzieher der staatlichen Kitas nur begrenzt in ihrer Bezahlung ausdrücken wird: "Der Staat hat es ja in der Hand, die Löhne zu erhöhen, indem er höhere Steuern verlangt, um das zu bezahlen. Die Sympathie für den Streik ist nur solange da, solange der Bürger nicht zahlen muss."

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Nachdruck mit freundlicher Genehmigung.

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