IZA Tower Talk - Report

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Herbert Henzler zu Gast im IZA Tower Talk: Deutschland - vom Weltmeister zum Sanierungsfall?

Am 07. Juni 2005 war der ehemalige langjährige Deutschland-Chef der amerikanischen Unternehmensberatung McKinsey und engagierte Politikberater Herbert Henzler zu Gast im IZA Tower Talk. Gegenstand seines Referats waren die langfristigen Perspektiven der deutschen Volkswirtschaft, die Henzler durch nach wie vor weit verbreitete Illusionen über die tatsächliche Position Deutschlands im globalen Wettbewerb gefährdet sieht. Der schleichende Verlust von Marktanteilen auf den Wachstumsmärkten von Pharmaindustrie oder Telekommunikation zeige, dass der Status des "Export-Weltmeisters Deutschland" die Wirklichkeit nur unvollkommen abbilde.

Zugleich sei das Bewusstsein darüber, dass nicht beeinflussbare exogene Faktoren die Perspektiven der deutschen Wirtschaft entscheidend beeinflussten, noch unzureichend entwickelt. Weder lasse sich die von der internationalen Verflechtung der Finanzmärkte vorangetriebene Globalisierung in ihrem Tempo verlangsamen, noch könne Deutschland den Deregulierungszwängen aufgrund von intensiviertem Wettbewerb dauerhaft ausweichen. Angesichts der rasanten Entwicklung der Informations- und Produktionstechnologien könnten heute überdies Produktivitätsvorteile nur noch für kurze Zeit bewahrt werden, müssten also stets auf Neue erarbeitet werden. Damit gerate die deutsche Wirtschaft unter permanenten Bewährungsdruck.

Henzler kritisierte in diesem Zusammenhang die unzureichend entwickelte Unternehmerkultur in Deutschland. Bedenklich sei, dass der Anteil der Selbständigen in den letzten 25 Jahren kontinuierlich gesunken sei, während der Anteil der Staatsbediensteten im gleichen Zeitraum zugenommen habe. Offenbar stünden viele Menschen mit dem Unternehmertum förmlich auf "Kriegsfuß". Daran trage im Übrigen auch die universitäre Ausbildung eine Mitschuld, die zumeist weit entfernt von der unternehmerischen Praxis stattfinde.

Konkret schlug Henzler fünf Schwerpunkte künftigen wirtschaftspolitischen Handelns vor. Dazu gehöre (1) ein fundamentaler Umbau der Sozialsysteme, (2) ein größeres Produktivitätswachstum, das beispielsweise durch Investitionen in der Informationstechnik erreicht werden könne, (3) das unternehmerische Umfeld durch ein verbessertes Image von Selbständigkeit und den Abbau von bürokratischen Hemmnissen zu stärken, (4) technische Innovationen massiv zu fördern und (5) eine Bildungsoffensive, die gezieltes Lernen im Vorschulalter und eine Reform der Hochschulen beinhalten müsse. Abschließend mahnte Henzler: "Wir sind kein Sanierungsfall, aber die Tendenz zeigt nach unten."

 

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