IZA Tower Talk - Berichte

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Norbert Walter zu Gast im IZA Tower Talk: Anreize für eine höhere Erwerbsquote

(Redemanuskript im Volltext - PDF)
(Homepage Norbert Walter)
Bereits zum fünften Mal lud das IZA am 23. Juni 2004 zum "Tower Talk" in die Bonner Konzernzentrale der Deutschen Post World Net ein. Als Gastreferent nahm Norbert Walter, Chefvolkswirt der Deutschen Bank, kein Blatt vor den Mund. Mit einem aufrüttelnden Appell an die Reformbereitschaft der Gesellschaft machte er den mehr als 250 Gästen deutlich, welch einschneidende Maßnahmen und Verhaltensänderungen aus seiner Sicht zum erfolgreichen Umbau von Wirtschaft und Sozialsystemen notwendig sind.

Angesichts des zunehmenden Mangels an jungen Arbeitskräften sei eine Steigerung der Geburtenrate in Deutschland zwar sinnvoll, doch lindere dies frühestens in 20 Jahren den demographischen Druck. Auch Zuwanderung könne nur eine problemdämpfende Wirkung entfalten. Es müssten deshalb "alle Register gezogen werden", um die Erwerbsquote in Deutschland zu steigern. Norbert Walter sprach sich nachdrücklich für eine rasche Erhöhung des gesetzlichen Renteneintrittalters und eine Verlängerung der Wochenarbeitszeit, aber auch für eine Intensivierung der Maßnahmen zur besseren Integration von Frauen in den Arbeitsmarkt sowie generell für eine konsequentere Entwicklung des Dienstleistungssektors aus. Wer das nicht verstehe, "der macht einen großen Fehler".

Um dem Arbeitsmarkt verstärkt junge, innovative Arbeitskräfte zur Verfügung stellen zu können, müsse ferner der gesamte Bildungsbereich umfassend modernisiert werden. Es gelte, eine frühere Einschulung, das vermehrte Erlernen von Fremdsprachen, Aufnahmeprüfungen an weiterführenden Schulen und Universitäten, ein rascheres Abitur sowie Anreizstrukturen durch Studiengebühren entschlossen zu realisieren.

Anreize für eine höhere Erwerbsquote müssten darüber hinaus durch die Abschaffung von Mindestlöhnen und weitere Reformen auf dem Feld von Steuern und Abgaben geschaffen werden. Norbert Walter sprach sich in diesem Zusammenhang auch für die Abschaffung des Senioritätsprinzips in der Entlohnung zugunsten einer strikt leistungsorientierten Bezahlung aus.

In der anschließenden Gesprächsrunde mit Hilmar Schneider, IZA-Direktor für Arbeitsmarktpolitik, wies Walter darauf hin, dass das Zeitfenster für die Veränderungen lediglich fünf bis zehn Jahre betrage. Deswegen sei es umso wichtiger, dass die Eliten mit gutem Beispiel voran gehen, die Politik positiv beeinflussten und im Gegensatz zu vielen Unternehmen ihr Denken und Handeln langfristig auslegten. Dass dieser Prozess und in erster Linie die Vermittlung eines harten Reformkurses mit erheblichen Problemen verbunden ist, stritt Walter nicht ab: "Wenn die Kommunikation schlecht ist, hört keiner zu".

 

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