IZA Tower Talk - Report

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Domino und Popcorn – IZA Tower Talk mit Edward Lazear zur Weltwirtschaftskrise

Edward Lazear im Gespräch mit Hilmar Schneider
Der 22. IZA Tower Talk widmete sich am 3. Juni 2009 ganz der aktuellen Weltwirtschaftskrise. Mit Edward P. Lazear schilderte der ehemalige Vorsitzende des ökonomischen Beraterkreises von US-Präsident George Bush aus erster Hand den Diskussionsprozess und die Handlungsoptionen der amerikanischen Regierung zu Beginn der Krise. Lazear veranschaulichte den hohen Entscheidungsdruck, der angesichts der weltweiten Ausstrahlung der krisenhaften Entwicklung in den USA auf der damaligen – wie auch der heutigen – US-Administration lastete. Zugleich machte er deutlich, dass die europäischen Volkswirtschaften die Talsohle der Rezession wohl noch nicht erreicht hätten, sondern der Entwicklung in den USA, wo eine Trendumkehr in Sicht sei, erst zeitlich versetzt nachfolgen würden.

Als Ursache für die Wirtschaftskrise sah Lazear vor allem die übermäßig billigen Kredite in den USA an, die einen riskanten Umgang mit Geld und die Entwicklung verzerrt spekulativer Finanzprodukte gefördert hätten. Zu dieser Finanzblase hätte auch der Kapitalfluss aus weniger entwickelten Staaten in die Vereinigten Staaten beigetragen. Der Markt habe auf diese Weise falsche Signale erhalten und ungeachtet früher Warnungen der US-Regierungen falsche bzw. zu riskante Investitionen getätigt. Der partielle Kollaps des amerikanischen Immobilienmarktes und mit ihm des Bankensektors sei aus heutiger Perspektive denn auch nur eine Frage der Zeit gewesen, sei aber mangels historischer Vergleichserfahrungen in seiner Wucht und Dynamik auch von den Experten unterschätzt worden.
Selbstkritisch merkte Lazear an, anfänglich von falschen Annahmen ausgegangen zu sein. Der Markteingriff der US-Regierung zur Rettung erster kollabierender Banken sei von der Vorstellung motiviert gewesen, damit einen Dominoeffekt verhindern zu können. Tatsächlich aber sei in der aktuellen Krise weniger das Fallen von Dominosteinen zu beobachten gewesen, sondern das unberechenbare „Platzen von Popcorn in einer überhitzten Pfanne – werden einzelne Maiskörner entfernt, platzen die anderen dennoch.“ Um im Bild zu bleiben, hätte die US-Regierung, statt dessen die Hitze von der Pfanne wegnehmen müssen, also Geld in den Markt pumpen müssen, so Lazear. Dieser Fehler sei erst ein halbes Jahr später, im September 2008, korrigiert worden, als die Wallstreet „wie eine Popcornpfanne“ in die Luft ging. „Am Rande einer Großen Depression“ habe man sich zu diesem Zeitpunkt befunden, diese jedoch durch die mutigen staatlichen Rekapitalisierungsprogramme für die Banken verhindern können. In einer historisch einmaligen Konstellation sei das Regierungshandeln letztlich doch als „verantwortungsbewusst und erfolgreich“ anzusehen. Die Obama-Administration könne darauf nun aufbauen und auch Europa werde von den Maßnahmen der USA profitieren.

Zur Vorsicht mahnte der Stanford-Ökonom mit Blick auf protektionistische Tendenzen in der Weltwirtschaft Der freie Welthandel sei ein wesentlicher Beitrag zur rascheren Überwindung der Krise. Und auch den verbreiteten Rufen nach einer Rückkehr zur staatlichen Regulierung dürfe nicht gefolgt werden, aktuelle Maßnahmen müssten zeitlich befristet bleiben. Denn zu geringe Regulierung sei keineswegs ursächlich für die Krise, vielmehr sei gerade der Bankensektor bereits besonders umfassung reguliert. Lazear stimmte Hilmar Schneider, IZA-Direktor für Arbeitsmarktpolitik, darin zu, dass an dieser Stelle eher von kollektivem Versagen, auch seitens der politischen Bankenaufsicht, gesprochen werden müsse.

Ein Ende der Rezession in den USA prognostiziert Lazear für die zweite Hälfte des Jahres 2009, während sie in Europa und Deutschland wohl erst etwa ein Jahr später eintreffen werde. Zu einem „Ende des amerikanischen Zeitalters“ werde die gegenwärtige Krise nicht führen. Das inzwischen bereits wieder erhöhte ausländische Investitionsvolumen in den USA beweise vielmehr, „dass die Menschen nach wie vor davon überzeugt sind, dass die USA die beste Investition darstellen“.